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Designgesetz nützt der Werbebranche

Produkte-Design, aber auch Corporate-Design kann durch Registrierung maximal 5 x 5 Jahre geschützt werden. Das neue Designgesetz verlangt Neuheit und Unterscheidungskraft. Das Verfahren ist einfach und kostengünstig.

Am 01. Juli 2002 trat das neue Designgesetz in Kraft. Es löste das bisherige Muster- und Modellgesetz ab. Der Begriff „Design“ ersetzt die bisherigen Begriffe „Muster“ und „Modell“, er umfasst alles, was bisher (zweidimensional) Muster und (dreidimensional) Modell war. Das Gesetz erwähnt neu die „Eigenart“ als Schutzvoraussetzung. Es verbietet nicht nur die sklavische Nachahmung, sondern bereits Nachahmungen, welche „wesentliche Merkmale“ des geschützten Designs aufweisen und dadurch bei den in der Schweiz beteiligten Verkehrskreisen den gleichen Gesamteindruck hinterlässt (Art. 2 Abs. 3 DesG). Die maximale Schutzdauer wird von 3 x 5 auf 5 x 5 = 25 Jahre heraufgesetzt. Überdies wurde das Mitbenutzungsrecht des gutgläubigen Drittbenutzers verbessert. Und neu ist auch der Lizenznehmer zur Klage gegen einen Verletzer aktivlegitimiert.

Design setzt Neuheit und Eigenart voraus
Voraussetzung für Schutzgewährung (Registrierung) bei Design ist Neuheit und Eigenart (Art. 2 DesG), formelle Neuheit und materielle Neuheit.

Formelle Neuheit setzt voraus, dass den massgebenden Verkehrskreisen in der Schweiz zum Zeitpunkt der Hinterlegung kein identisches (!) Design bekannt ist. Grundsätzlich darf also weltweit keine gleiche Produktegestaltung vorliegen, die in der Schweiz bekannt sein könnte. Eine Kopie kann durch das Designgesetz grundsätzlich nicht geschützt werden.

Eigenart ist ein zusätzliches Erfordernis neben der Neuheit und bedeutet „Unähnlichkeit“ mit bekannten früheren Designs. Wenn der Gesamteindruck eine Ähnlichkeit ergibt, ist das Design nicht schutzfähig. Wer bloss die Farben eines bestehenden Designs abändert, hat noch keine „eigenartige“ schöpferische Leistung erbracht. Ob sich nun aber ein Design von einem andern genügend unterscheidet, ist eine Wertungsfrage, die im Zweifelsfall von den Gerichten zu entscheiden ist. Diese hatten nach bisheriger Rechtsprechung zu beurteilen, ob ein „Mindestmass an geistigem Aufwand“ (BGE 104 II 329, 113 II 80) vorliegt. Eigenart ist aber nicht gleichbedeutend mit Qualität oder Schönheit. Massgebend ist nur die Unterscheidungskraft gegenüber bestehenden Designs. Eigenart (genügende Unterscheidung von anderem Design) ist schwieriger zu beurteilen als Neuheit (Identität mit anderem).

Bei der Beurteilung der Eigenart wird auf den Gesamteindruck abgestellt. Massgebend sind die in der Schweiz beteiligten Verkehrskreise. Die Eigenart fehlt, wenn sich ein neues Design nur in unwesentlichen Merkmalen von andern Designs unterscheidet, welche den massgebenden beteiligten Verkehrskreisen bekannt sein könnten (Art. 2 Abs. 3 DesG). Das Designrecht geht von einem engeren Begriff der Nachahmung aus, als das Marken- und Wettbewerbsrecht, welche jede Verwechslungsgefahr verhindern wollen.

Ausschlussgründe
Fehlt es an den Voraussetzungen der Neuheit und der Eigenart, fehlt es an der Schutzfähigkeit - Eintragung wird zwar u.U. gewährt (weil das IGE die Neuheit nicht prüft), das Recht kann aber nicht gegenüber Dritten durchgesetzt werden. Ausgeschlossen ist der Designschutz überdies, wenn überhaupt kein Design (sondern beispielsweise eine Erfindung) vorliegt, oder wenn die Merkmale des Designs ausschliesslich durch die technische Funktion des Gebrauchsgegenstandes bedingt ist (nützlichkeitsbedingte Gestaltung), oder wenn das Design gegen Bundesrecht, Staatsverträge, die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstösst (Art. 4 DesG). Wappen und andere Zeichen der Eidgenossenschaft und der Kantone dürfen nicht zu geschäftlichen Zwecken auf Erzeugnissen (Waren) und deren Verpackung verwendet werden (Art. 2/3 Wappenschutzgesetz = WSchG). Die Verwendung schweizerischer öffentlicher Zeichen sowie nationaler Bild- und Wortzeichen (z.B. Helvetia oder Tell) ausserhalb von Verpackungen und Waren - somit in der Werbung - ist grundsätzlich zulässig. Solche Werbung darf aber nicht sittenwidrig sein (z.B. täuschend, herabsetzend etc.). Gleiches gilt auch für den Gebrauch von Wappen und Zeichen des Auslandes (Art. 11 WSchG). Grundsätzlich verboten ist Werbung und Design mit Zeichen von internationalen Organisationen und dem Zeichen des Roten Kreuzes (Art. 1 UNO-G und Art. 8 RKG).

Auch im Markenschutz gelten vergleichbare Ausschlussklauseln: Zeichen, die Gemeingut sind, Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware und der Verpackung, die technisch notwendig sind sowie irreführende und sittenwidrige Zeichen sind vom Markenschutz ausgeschlossen (Staub/Hilti, WIR, S. 76). Hinzu kommen die relativen Ausschlussgründe (Identität und Verwechslungsgefahr mit Zeichen einer älteren Marke für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen). Im Unterschied zum Designrecht gilt im Markenrecht das Branchenprinzip und der Gebrauchszwang (nicht so im Firmenrecht).

Verwenden von Strassensignalen in Design und Werbung.
Anders als bei den Wappen und Landeszeichen ist es nicht verboten, Strassensignale in einer Broschüre abzubilden und in umgestalteter Form als Bestandteil eines Designs zu verwenden (als blosse Signale würden sie die Erfordernisse der Neuheit und Eigenart nicht erfüllen). Auch ein Urheberrechtsschutz an Signalen besteht nicht, da weder Gesetzes- und Verordnungstexte (einschliesslich ratifizierte internationale Übereinkommen), noch die graphische Darstellung der Strassenverkehrszeichen und Markierungen urheberrechtlich geschützt sind. Diese Feststellung gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein entsprechendes Signal auf einem Plakat abgebildet wird. In diesem Fall sind jedoch die Bestimmungen über Strassenreklamen (Art. 6 Abs. 1 SVG) sowie Art. 95 ff. der Signalisationsverordnung (SSV) zu beachten: Nach Art. 6 Abs. 1 SVG sind "im Bereich der für Motorfahrzeuge oder Fahrräder offenen Stras-senreklamen und andere Ankündigungen untersagt, die zu Verwechslungen mit Signalen oder Markierungen Anlass geben oder sonst, namentlich durch Ablenkung der Strassenbenützer, die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnten." In Art. 96 Abs. 1 SSV wird dieses Verbot der Strassenreklamen wiederholt. Es ist somit im Einzelfall zu prüfen, ob ein entsprechendes Plakat im Sinne dieser Bestimmungen zulässig ist oder nicht.

Wann beginnt der Designschutz?
Erst mit der Hinterlegung (Eintragung) erlangt das Design seinen Schutz (Art. 5 DesG). Vor der Eintragung spricht man vom „Recht auf das Design“, nach der Eintragung vom „Recht am Design“. Design- und Markenrechte sowie Patente sind sogenannte Registerrechte - dies im Unterschied zum urheberrechtlichen Schutz von künstlerischen Werken, welcher keinen Registereintrag voraussetzt. Der Designschutz gewinnt unter anderem deshalb an Bedeutung, weil die Registrierung einfach und kostengünstig ist. Eine Schwarzweiss-Fotografie oder eine Zeichnung (z.B. der Fassadengestaltung) genügt. Hinterlegung und Publikation inbegriffen kostet ein einzelnes Design mit max. drei Abbildungen rund 250 Franken. Die erste Schutzperiode dauert fünf Jahre; der Schutz kann mit dem neuen Designgesetz (in Kraft seit 01. Juli 2002) für vier weitere Schutzperioden, insgesamt bis max. 25 Jahre verlängert werden (Markenschutz kennt die 10-jährige Schutzdauer, beliebig um dieselbe Dauer verlängerbar).

Das Eintragungsverfahren
Die Anmeldung kann auf einem offiziellen oder auf einem vom IGE anerkannten oder vorgeprüften Formular erfolgen (Einzelheiten dazu unter www.ige.ch). Eine oder mehrere zur Reproduktion geeignete Abbildung oder Zeichnung muss beigelegt werden. Wenn mehrere Designs in einem Gesuch hinterlegt werden, müssen alle Gegenstände derselben Warenkategorie angehören. Zur Eintragung berechtigt ist der Designer oder dessen Rechtsnachfolger. Das IGE prüft im Rahmen des Eintragungsverfahrens nicht, ob die Person, welche das Eintragungsgesuch einreicht, auch tatsächlich dazu berechtigt ist. Es wird vermutet, dass der Ersthinterleger der Berechtigte ist (Art. 6 DesG). Auch die Ausschlussgründe werden vom IGE nicht vollständig geprüft. Das IGE prüft nicht, ob bereits ein identisches Design hinterlegt ist. Es prüft nur, ob überhaupt ein Design im Sinne des Gesetzes vorliegt, ob das zu hinterlegende Design Bundesrecht verletzt und ob es gegen die guten Sitten verstösst, nicht aber, ob das eingereichte Design neu oder eigenartig ist (Art. 4 DesG i.V.m. Art. 16 DesV). Erweist sich aber im Nachhinein, dass das eingetragene Design nicht neu war im Zeitpunkt des Hinterlegungsdatums, wird die Eintragung rückwirkend gelöscht. Im Streitfall entscheidet darüber das Gericht.

Ideenklau verboten
Beide, Designschutz und Urheberrechtsschutz, wollen den Ideenklau verhindern. Die Nachahmung eines hinterlegten Musters oder Modells (neu: Design) ist widerrechtlich, wenn eine Verschiedenheit nicht im Gesamteindruck nicht mehr haften bleibt. Was sich genügend unterscheidet, ist designrechtlich nicht verboten. Ungenügende Unterscheidungsmöglichkeit ist ein Verstoss gegen geschütztes Design. Verboten ist aber nur die gewerbliche nachahmerische Nutzung, nicht die Herstellung und Nutzung zu privaten Zwecken (Art. 9 Abs. 1 DesG). Das Ausschliesslichkeitsrecht des Rechtsinhabers ist eingeschränkt durch das mit dem neuen Designgesetz gestärkten Mitbenützungsrecht des gutgläubigen Dritten, welcher ein noch nicht hinterlegtes oder veröffentlichtes Design bereits (gutgläubig) genutzt hat (Art. 12/13 DesG).

Schmarotzertum kann unlauter sein
Was designrechtlich nicht geschützt ist, kann nicht monopolisiert werden. Nur ausnahmsweise, wenn das Imitieren "planmässiges Heranschleichen" oder "sklavisches Anlehnen" an eine Vorlage ist, hilft das Lauterkeitsrecht (Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb = UWG) als Auffangnetz. „Die systematische Häufung raffinierter Nachahmungen bis an die Grenze des Unzulässigen ist mit Treu und Glauben ebenso wenig zu vereinbaren, wie eine einmalige genaue Nachahmung, wenn sie wie diese darauf angelegt ist, den guten Ruf des Konkurrenzerzeugnisses in schmarotzerischer Weise auszubeuten“ (BGE 104 II 334, 108 II 77 „Rubikwürfel“). Mit andern Worten: Nicht registriertes oder nicht mehr registrierbares Design darf grundsätzlich nachgeahmt, darf aber nicht auf jede verwerfliche Art und Weise nachgeahmt werden. Unlauter ist vor allem der vorvertragliche Vertrauensmissbrauch (BGE 113 II 319, 90 II 51). Beispiele: Einladung zur Bemusterung oder Offerte, Arbeitsvergabe an einen Dritten, Verwechslungsgefahr schaffen bei im Verkehr etablierten Ausstattungen (Art. 3 lit.d UWG), blosses Reproduzieren (Art. 5 lit.c UWG) etc.

 

Wichtige Fragen aus der Sicht der Agenturen:

Kann ein Corporate Design geschützt werden?
Beim Schutz von Briefpapier oder Plakaten wird der Designschutz grundsätzlich zugelassen. Stets ist jedoch zu beachten, dass Schutzgegenstand nicht das Design als solches ist, sondern die Gestaltung eines Erzeugnisses (vgl. hierzu auch BGE 99 Ib 434, allerdings noch zum MMG). Deshalb ist im Eintragungsgesuch auch anzugeben, auf welche Erzeugnisse das Design angewendet werden soll. Corporate Design als solches stellt indessen kein Erzeugnis im Sinne von Art. 1 DesG dar. Da der Schutz nach verbreiteter Auffassung aber nicht nur auf das betreffende Erzeugnis beschränkt ist (sog. "Abstraktheit" des Designschutzes, diese Auffassung ist allerdings nicht unumstritten), erreicht man immerhin im Ergebnis den Schutz von Corporate Design. Wird also Design von Briefpapier hinterlegt, kann sich der Schutz grundsätzlich z.B. auch auf Prospekte erstrecken.

Kann ein Buchdesign geschützt werden?
Einer Eintragung steht auch hier nichts entgegen - soweit die gesetzlichen Voraussetzungen für den Schutz erfüllt sind.

Kann das Design einer Kunstproduktion geschützt werden?
Theaterproduktionen sind zwar keine Erzeugnisse im Sinne von Art. 1 DesG. Es gibt auch keine Warenklasse "Produktionen". Dennoch: Ein Vogel auf Schwarzer Fläche (z.B. die Cirque du Soleil-Produktion aus dem Jahr 1998) könnte als Gestaltung von Plakaten eingetragen werden. Es gilt, was für das Corporate Design ausgeführt wurde: Designschutz ist produktunabhängig ("abstrakt"). Es kann gegen Nachahmungen vorgegangen werden, die z.B. in Flyern, Broschüren oder anderen
Erzeugnissen enthalten sind. In diesem Sinne kann man letztlich trotzdem den
Schutz von Produktionsdesign erreichen.

Kann ein Webdesign geschützt werden?
Obschon ein Schutz der Gestaltung von Websites einem verbreiteten Bedürfnis entspricht, sind die Meinungen zu dieser Frage geteilt, wie eine Designrechts-Tagung an der ETHZ im Frühjahr zeigte. Fraglich ist nach Auffassung von Mitarbeitern des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum insbesondere, ob bei Webdesign von der "Gestaltung eines Erzeugnisses" gesprochen werden kann. Weder der Computer-Monitor noch die Mattscheibe werden wohl durch die Website "gestaltet". Anderseits entspricht es ständiger Praxis des Instituts, in derartigen Zweifelsfällen zugunsten des Hinterlegers zu entscheiden und die Eintragung vorzunehmen. So wurden in der Vergangenheit bereits verschiedentlich Websites als Design eingetragen. Zu beachten ist jedoch, dass weder die Rekurskommission für Geistiges Eigentum noch die Zivilgerichte bisher Gelegenheit hatten, sich zu dieser Frage zu äussern. Es ist deshalb nicht auszuschliessen, dass - im Falle eines Verletzungsprozesses - solche Eintragungen von einem Gericht für nichtig erklärt würden, worauf das Institut seine Eintragungspraxis natürlich ändern müsste. Die Praxis des IGE ist aber zu begrüs-sen, weil ein Webdesign die Gestaltung eines digitalen Erzeugnisses ist (der Gesetzgeber wollte wohl kaum nur analoge Erzeugnisse schützen).

 

von Dr. iur. Bruno Glaus