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Üble Nachrede durch «Like» auf Social Media?

Ehrverletzende Aussagen sind im Internet weit verbreitet, insbesondere auf Social-Media-Plattformen. Strafrechtlich relevant ist dabei insbesondere die Üble Nachrede gemäss Art. 173 StGB. Danach ist strafbar, wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt oder wer eine solche Beschuldigung oder Verdächtigung weiterverbreitet. Nicht nur die ursprüngliche Aussage, sondern auch deren Weiterverbreitung kann daher strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die zentrale Frage lautet: Kann auch das Liken oder Teilen eines solchen Beitrags auf Social Media bereits eine strafbare Handlung darstellen?

Mit dieser Frage hat sich das Bundesgericht befasst. Im zugrunde liegenden Fall likte und teilte der Beschuldigte mehrere Facebook-Beiträge Dritter, in denen eine Person als antisemitisch, rassistisch und menschenfeindlich bezeichnet wurde. Das Gericht hielt fest, dass das Drücken des «Gefällt mir»- oder «Teilen»-Buttons bei einem ehrverletzenden Beitrag eine tatbestandsmässige Handlung darstellen kann, da der Beitrag dadurch Dritten mitgeteilt wird. Dabei betonte es, dass die zentrale Frage sei, ob der geteilte Beitrag tatsächlich einem Dritten mitgeteilt wird. Dies hängt einerseits vom Algorithmus des jeweiligen sozialen Netzwerks ab und andererseits von den Privatsphäre-Einstellungen des Nutzers.

Das Bundesgericht stellt somit das Drücken des «Gefällt mir»- und des «Teilen»-Buttons grundsätzlich gleich. Es bleibt jedoch offen, ob diese Rechtsprechung auch auf Plattformen wie Instagram oder TikTok übertragbar ist. Dort führt ein Like in der Regel nicht dazu, dass der Beitrag automatisch mit den eigenen Kontakten geteilt wird. Stattdessen «pusht» ein Like den Beitrag und kann möglicherweise dazu führen, dass er durch den Algorithmus einer grösseren Anzahl von Nutzern angezeigt wird. In solchen Konstellationen könnte es daher am subjektiven Element, dem (Eventual)vorsatz, scheitern.

BGer 6B_1114/2018 vom 29.01.2020