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Windschattenfahren ist verboten

Beide, eine "Nike"-Kosmetiklinie und die Glarner Bugatti AG, haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Gerichte schützten den "Werbewert" der berühmten Namensvetter. Dies zeigt Teil 8 der "persönlich"-Serie von Gerichtsurteilen im Werbebereich.

Wer den guten Ruf eines berühmten Namens ausbeuten will, muss mit Sanktionen rechnen, selbst wenn der berühmte Name nicht als Marke registriert ist. Es genügt, dass der Begriff im angestammten Verkehrskreis "notorisch" oder gar über den produktspezifischen Abnehmerkreis hinaus "berühmt" ist (wie etwa "Coca-Cola", "Gucci" oder "Nike").

Das Glarner Obergericht hatte im Dezember 1997 folgenden Sachverhalt zu entscheiden (Urteil publiziert in der Zeitschrift "sic!" 6/1998: "Die luxemburgische Gesellschaft Bugatti International SA ist Inhaberin der am 19. Juni 1925 erstmals international eingetragenen Wort-/Bild-Marke Nr. IR 298 753 "Bugatti". Die schweizerische Bugatti AG mit Sitz in Glarus hinterlegte am 25. Oktober 1972 die Wort-/Bildmarke "Bugatti" für Waren der internationalen Klassen 1-4.
Bugatti International SA leitete Klage gegen die Glarner Bugatti AG ein, mit dem Hauptantrag, die beklagtischen Marken seien als ungültig zu erklären."

Erwägungen des Gerichts
"Nach Art. 15 Abs. 1 MSchG kann der Inhaber einer berühmten Marke anderen deren Gebrauch für jede Art von Waren oder Dienstleistungen verbieten, wenn ein solcher Gebrauch die Unterscheidungskraft der (eigenen) Marke gefährdet oder deren Ruf ausnützt oder beeinträchtigt.

Zweck von Art. 15 Abs. 1 MSchG ist es, dem Inhaber einer berühmten Marke Schutz auch ausserhalb des Gleichartigkeitsbereichs zu gewähren.

Der Gesetzgeber hat auf eine Definition des Begriffs der berühmten Marke verzichtet und es der Gerichtspraxis überlassen, wann im Einzelfall eine Marke als berühmt im Sinne von Art. 15 Abs. 1 MSchG anzusehen ist" (Siehe Kasten zum Fall "Nike").

Bugattis sind berühmt
"Die Stamm-Marke der Klägerin geht zurück auf den Automobilkonstrukteur Ettore Bugatti (1881-1947), dessen Firma in den Jahren 1907 bis 1939 in Molsheim (Elsass) Rennwagen, Sportwagen und Luxuslimousinen herstellte. Sie trägt den Namen des ursprünglichen Herstellers und Besitzers der Autofirma. Die Berühmtheit der Bugatti-Fahrzeuge und der damit verbundene Stamm ist auch heute noch in weiten Kreisen der Bevölkerung, namentlich in Kreisen der Autofahrerinnen und Autofahrer, als gerichtsnotorisch zu betrachten. Selbst wenn Gerichtsnotorietät zu verneinen wäre, ergibt sich aus den nachfolgenden Gründen, dass es sich bei der Stamm-Marke Bugatti um eine berühmte Marke im Sinne von Art. 15 Abs. 1 MSchG handelt. Der Name Bugatti ist untrennbar mit der Geschichte des Automobils und insbesondere des Automobilsports in diesem Jahrhundert verbunden.

Die Bugatti-Fahrzeuge geniessen bei den Sammlern hohe Wertschätzung und sind nach wie vor gesuchte Oldtimer. Die Marke "Bugatti" hat damit auch heute noch überragende Verkehrsgeltung, Einmaligkeit und allgemeine Wertschätzung.

Hohe Anforderungen an Unterscheidbarkeit
Die Marke "Bugatti" hat mithin seit der Produktionseinstellung nichts an Berühmtheit eingebüsst. Die Assoziation blieb auch wegen des Sammlermarktes mit dem Hersteller verbunden. Da es um den Schutz einer berühmten Marke geht, sind die Anforderungen an die Unterscheidbarkeit besonders hoch anzusetzen.

Durch die Verwendung des Namens "Bugatti" gefährdet damit die Beklagte (die Glarner Bugatti AG) die Unterscheidungskraft der Marke der Klägerin, weil der Gesamteindruck eindeutig durch den Familiennamen Bugatti bestimmt wird. Auch die Voraussetzung der Rufaussnützung ist zu bejahen.

Der Fall "Nike"
Nike International klagte mit Erfolg gegen eine Parfümerie-Kette mit "Nike"-Produkten. Das Bundesgericht hielt im Entscheid 124 III 277 (1998) folgendes fest:

"Das Gesetz sagt nicht, wann eine Marke als berühmt zu gelten hat; der Gesetzgeber hat bewusst auf eine Legaldefinition verzichtet. Anhaltspunkte ergeben sich immerhin daraus, dass Art. 15 MSchG berühmte Marken vor Rufausnutzung oder -beeinträchtigung sowie vor Beeinträchtigungen ihrer Unterscheidungskraft schützen will.

Berühmtheit einer Marke ist dort anzunehmen, wo sich der in Art. 15 MSchG umschriebene erweiterte Schutz sachlich rechtfertigt. Das ist dann der Fall, wenn es dem Inhaber gelungen ist, seiner Marke eine derart überragende Verkehrsgeltung zu verschaffen, dass ihre durchschlagende Werbekraft sich nicht nur im angestammten Waren- oder Dienstleistungsbereich nutzen lässt, sondern darüber hinaus geeignet ist, auch den Absatz anderer Waren oder Dienstleistungen erheblich zu erleichtern.

"Werbekraft" geschützt
Die berühmte Marke zeichnet sich dadurch aus, dass ihre

Werbekraft einen in den verschiedensten Bereichen nutzbaren erheblichen wirtschaftlichen Wert darstellt und deshalb auch dazu einlädt, von anderen ausgebeutet zu werden. Berühmtheit setzt voraus, dass die Marke sich bei einem breiten Publikum allgemeiner Wertschätzung erfreut; denn solange nur eng begrenzte produktespezifische Abnehmerkreise die Marke kennen und schätzen, besteht kein legitimes Bedürfnis nach einem erweiterten Schutz.

Früchte der Anstrengung
Eine Marke wird nicht von selbst berühmt. Sie zu Berühmtheit zu bringen, kostet Anstrengung. Die Früchte dieser Anstrengung soll der Markeninhaber selbst geniessen können; sie sollen nicht Dritten zufallen. Deswegen verleiht Art. 15 Abs. 1 MSchG dem Markeninhaber einen Abwehranspruch gegen Versuche Dritter, ihre eigenen Zeichen im Windschatten seiner berühmten Marke zu positionieren. Dabei setzt das Gesetz keine Absicht der Rufausnützung voraus. Der fremde Markengebrauch muss nicht absichtlich darauf ausgelegt sein, den Ruf der berühmten Marke auszunützen. Es genügt vielmehr, wenn er objektiv zu schmarotzerischer Rufausnützung führt, indem Dritte gewissermassen als Trittbrettfahrer vom Ruf profitieren können, den der Markeninhaber für sein berühmtes Zeichen errungen hat.

 

von Dr. iur. Bruno Glaus