Die Inhaus-Ausbildung müsste opitimiert werden, meinten mehrere Teilnehmerinnen nach dem BSW-Workshop „Werbefilme produzieren“ im September 2003. Dazu gehört auch, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit dem Vokabular des Werberechts vertraut sind. „Persönlich“ liefert dazu den Teil 1 (Teil 2 folgt in einer nächsten Nummer).
Kostenoptimierung setzt Ablaufoptimierung und letztere die Kenntnis der jeweils anwendbaren Verträge voraus. Indes: Die Leute an der Front kennen die Rahmenverträge mit dem Kunden nicht immer. Und wenn, dann verstehen Sie den Inhalt nicht. Hier die wichtigsten Begriffe (und Problembereiche!) des Werberechts:
Persönlichkeitsschutz (droit de la personalité)
Das Persönlichkeitsrecht umfasst die Gesamtheit der Grundwerte einer Person; es schützt die physische, psychische und geistige Integrität einer Person (Brückner Rz 375). Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte des Menschen sind nur mit dessen Zustimmung oder –ausnahmsweise - wegen überwiegenden Interessen erlaubt. Beispiel: Die Abbildung einer Person auf Plakaten oder TV-Spots zu Werbezwecken setzt die Zustimmung der abgebildeten Person voraus.
Werberelevante Persönlichkeitsrechte sind: Das Recht am eigenen Bild, das Recht am eigenen Wort, an der eigenen Stimme, der Schutz des Namens und der eigenen Prominenz, der Schutz der Privatsphäre. Persönlichkeitsrechte sind auch der Ruf und die Ehre, der Schutz der Pietät, des Körpers und der seelischen Integrität.
Der Schutz des geistigen Eigentums (droit de la propiété intellectuelle)
Das Recht, welches geistiges Eigentum schützt, wird auch als Immaterialgüterrecht bezeichnet. Immaterialgüter sind Ergebnisse geistiger Schöpfungen: Künstlerische Werke, Design, Marken und Erfindungen.
Das Urheberrechtsgesetz (Loi fédéral sur le droit d’auteur) regelt die Rechte an künstlerischen Werken, das Designgesetz (Loi fédéral sur la protection des designs) regelt die Rechte an Designs, das Markenschutzgesetz (loi fédéral concernant la protection des marques de fabrique et de commerce) die Rechte an Marken und das Patentgesetz (Loi fédérale sur les brevets d’invention) die Rechte an Erfindungen.
Das Urheberrecht (Copyright) ist somit nur ein Teil des Immaterialgüterrechts und nicht des Persönlichkeitsschutzes. Schutzobjekt ist das künstlerische Werk, nicht die menschliche Person. Wer Rechte an Bildern einkauft (z.B. von einer Fotoagentur) kauft damit noch nicht die Rechte der abgebildeten Personen ein.
Der Schutz des lauteren Wettbewerbs (concurrence loyale)
Unfaires Wettbewerbsverhalten wird durch das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (loi fédérale contre la concurrence déloyale) verboten. Unlauter sind vor allem unrichtige, irreführende oder unnötig verletztende Äusserungen über die eigenen Angebote oder die Angebote von Konkurrenten. Vergleichende Werbung ist aber grundsätzlich nicht verboten. In den Lauterkeitsgrundsätzen der Schweizerischen Lauterkeitskommission (und im Code de pratiques loyale en matière de publicité élaboré par la chambre de commerce internationale CCI) sind die gesetzlichen Bestimmungen branchenbezogen verfeinert worden.
Das Kennzeichenrecht (Firmenrecht, Domainname-Recht, das Recht an nichtregistrierten Namen und Bezeichnungen etc.) liegt an der Schnittstelle von Persönlichkeitsschutz, Immaterialgüterrecht und Lauterkeitsrecht.
Der Schutz öffentlicher Interessen (les interets publics)
In der Werbung sind eine Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Schranken zu beachten: Die Strassenverkehrsgesetzgebung bei der Werbung im öffentlichen Raum, die Lebensmittel- und Heilmittelgesetzgebung bei der Werbung für Lebensmittel und Heilmittel, der Jugendschutz bei der Werbung für Alkohol, die durch den Rassismusartikel im StGB gezeichneten Schranken, die Schranken pornografischer Publikationen etc..
Nutzungsrechte durch Lizenz
Sowohl Persönlichkeitsrechte als auch Immaterialgüterrechte (vor allem das Urheberrecht) sind handelbar. Dritten kann das Recht eingeräumt werden, mit Persönlichkeiten zu werben, diese Person zu „benutzen“. Oder Dritten kann das Recht eingeräumt werden, ein künstlerisches Werk zu „benutzen“. Man nennt dies Lizenz – auch im Marken-, Design- und Patentrecht.
Das Benutzen kann auch in einer Bearbeitung oder Adaption oder Synchronisation bestehen. Es können Nutzungsrechte nur für eine beschränkte Zeit (befristet) oder unbefristet erworben werden. Es können Nutzungsrechte unbeschränkt (weltweit) oder nur für beschränkte Räume eingekauft werden. Es können Nutzungsrechte auch in sachlicher Hinsicht unbeschränkt (d.h.für alle Arten von Medien) oder beschränkt (d.h. nur für klassische Medien) eingekauft werden. Schliesslich können Nutzungsrechte exklusiv oder nicht exklusiv erworben werden.
Full buyout der Verwertungsrechte
In der Schweiz können umfassende Nutzungsrechte, die Gesamtheit der wirtschaftlich verwertbaren Verwendungsrechte, übertragen werden. Das wird heute von einzelnen Werbeauftraggebern verlangt. Und das ist auch nach Ziffer 21 der BSW-Branchengrundsätze immer der Fall bei kennzeichnungskräftigen kampagnenunabhängigen Kreationen (Logos, Signete, Claims etc.). Man spricht von moyens publicitaires utilisés à long terme. Häufig ist ein Full Buyout (vor allem bei Persönlichkeitsrechten) gar nicht möglich. Auch aus Kostengründen muss sich die Agentur und der Kunde häufig mit einem Teil-Buyout begnügen.
Urheberpersönlichkeitsrechte
Das Urheberrecht schliesst nicht nur kommerzialisierungsfähige Verwertungsrechte ein, sondern auch Rechte, welche die Persönlichkeit des Urhebers schützen: Unverzichtbar ist vorallem das Recht, als Urheber anerkannt und im branchenüblichen Rahmen auch genannt zu werden. Das heisst nicht, dass die Urheber auf allen einzelnen Werbemitteln genannt werden müssen. Üblich ist die Nennung in der begleitenden Werbung innerhalb der Branche. Schliesslich kann der Urheber auch selbst entscheiden, unter welcher Bezeichnung er genannt werden möchte, sei es unter einem Pseudonym, sei es unter vollem Namen.
Das Bearbeitungsrecht
Das Bearbeitungsrecht galt lange Zeit als Urheberpersönlichkeitsrecht (somit unverzichtbar). Die zunehmende Kommerzialisierung auch in der Kunstwelt hat dazu geführt, dass das Bearbeitungsrecht heute faktisch wie ein wirtschaftliches Verwertungsrecht gehandelt wird. Es kann übertragen werden. Seine Schranken findet das Bearbeitungsrecht aber im Verbot, die eigentliche Identität des Werkes zu entstellen.
Non-Disclosure-Vereinbarung
Mit einer Geheimhaltungsvereinbarung wird oft auch eine Nichtverwertungsvereinbarung verknüpft. Dieser Vermerk kann bereits auf Präsentationsunterlagen aufgeführt werden, muss dann aber auch tatsächlich Gegenstand einer Vereinbarung werden. Ein kurzer Vermerk kann folgenden Wortlaut haben: „Mit dem Öffnen und Sichten der präsentierten Unterlagen stimmen die beteiligten Personen zu, sämtliche daraus hervorgehenden Informationen, Text- und Gestaltungsideen, Kennzeichen, Konzepte und Kreationen geheim zu halten und nicht zu verwerten, es sei denn es komme zu einer vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit, welche die Verwertung zulässt. Mit einem Präsentationshonorar werden keine Nutzungsrecht abgegolten und eingeräumt“.
Rahmenvertrag
Mit dem Rahmenvertrag wollen die Vertragsparteien in der Regel mehrere Zielsetzungen erreichen (vergl. dazu „persönlich“ Juli 2001): Mit einem übergeordneten Vertragswerk sollen die generellen Regeln der Zusammenarbeit vereinbart werden, damit die Vertragsparteien nicht bei jedem einzelnen Auftrag oder Projekt das Allgemeine regeln müssen, sondern sich auf die Spezifikationen beschränken können (Leitplankenfunktion).Die Parteien vereinbaren, zu welchen Aufwandtarifen oder Pauschalen Projekte realisiert werden (Kostentransparenz). Mit dem Rahmenvertrag wird grünes Licht erteilt zur Zusammenarbeit, wobei die Parteien bis zu den einzelvertraglichen Abmachungen frei bleiben wollen.
Rangordnung
Das Vertragswesen zwischen Agentur und Kunde hat eine Rangordnung. Der Rahmenvertrag ist das Dach, das für alle weiteren Aufträge gilt. Doch gehen schriftliche Abweichungen im Einzelfall vor (Priorität der lex specialis). An zweiter Stelle kommen in der Rangfolge der Aufzählung die Beilagen zum Rahmenvertrag (z.B. Honorarordnung, Gestaltungstarife, etc.). Bestandteil des Rahmenvertrages sind meistens auch Allgemeine Geschäftsbedingungen, welche zum Vertragsbestandteil erhoben wurden, sei es jene des Auftraggebers, seien es die BSW-Branchengrundsätze, seien es die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Agentur.
Die projektbezogene Auftragsbestätigung, z.B. ein Filmherstellungsvertrag mit Beilagen, geht dem Rahmenvertrag nur vor, wenn dies explizit oder sinngemäss vereinbart worden ist. Das kann bei der Frage der Nutzungsrechte an Werken oder Persönlichkeitsrechten der Fall sein. Es gilt auch hier der Grundsatz, dass die spezielle Abmachung der generellen vorgeht – immer vorausgesetzt, der Vertragspartner (die Auftraggeberin) habe zugestimmt.
Rechtsgewähr
Agenturen müssen im beratenden Teil „Sorgfalt“, im kreativen Teil ein mängelfreies Resultat gewährleisten. Die Leistung der Agentur darf weder sachliche noch rechtliche Mängel aufweisen. Man spricht von Sach- und Rechtsgewähr. Rechtsgewähr ist die Zusicherung, dass der Verwendung der Sache im vereinbarten Umfang keine Rechte von Dritten entgegenstehen.
von Dr. iur. Bruno Glaus