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Was zählt zum Nachlass? Bundesgericht konkretisiert die Rückforderung von Er-gänzungsleistungen

Im aktuellen Entscheid 8C_669/2023 hat sich das Bundesgericht mit der Rückerstattung rechtmässig bezogener Ergänzungsleistungen (EL) nach dem Tod einer EL-Bezügerin auseinandergesetzt. Gemäss Art. 16a Abs. 1 ELG müssen rechtmässig bezogene Ergänzungsleistungen nach dem Tod der bezugsberechtigten Person grundsätzlich aus dem Nachlass zurückerstattet werden, allerdings nur insoweit, als diese den gesetzlichen Freibetrag von CHF 40'000.- übersteigen. Umso bedeutender ist die Frage, wie hoch das massgebliche Nachlassvermögen tatsächlich ist und welche Schulden in dessen Berechnung einfliessen dürfen.

Ausgangspunkt war die Rückforderung von CHF 13'369.- durch die Ausgleichskasse des Kantons Bern. Die Erben wehrten sich dagegen und machten geltend, dass Nachlasspassiven – namentlich Bestattungs- und Todesfallkosten sowie Heimkosten für Zimmermiete, Reinigung und eine Pauschale für den Todesfall – zu Unrecht nicht berücksichtigt geblieben seien. Ihrer Ansicht nach bestand nur ein Rückforderungsanspruch von CHF 3'701.-, da nach den erbrechtlichen Bestimmungen des ZGB das Aktivvermögen abzüglich der Erbschafts- und Erbgangsschulden zum Nachlass gehöre.

Das Bundesgericht legte das Gesetz so aus, dass als Nachlass gemäss Art. 16a Abs. 1 ELG und Art. 27a Abs. 1 ELV nur Vermögenswerte abzüglich jener Schulden zählen, die bis zum Tod der verstorbenen Person begründet wurden (sogenannte Erbschaftsschulden). Dagegen sind Erbgangsschulden, welche erst mit dem oder durch den Tod entstehen (wie bspw. Bestattungskosten), nicht abzugsfähig. Dass die Erbgangsschulden nicht berücksichtigt werden, rechtfertige sich dadurch, dass der Gesetzgeber für deren Begleichung den Freibetrag von CHF 40'000.- festlegte. Entscheidend – und in diesem Punkt wich das Bundesgericht von der Vorinstanz ab – war die juristische Einordnung der vom Heim in Rechnung gestellten Zusatzkosten. Anders als das kantonale Gericht erkannte das Bundesgericht, dass diese Ansprüche bereits zu Lebzeiten der Verstorbenen vertraglich begründet worden seien, auch wenn sie erst nach dem Tod fällig wurden. Es handle sich demnach um Erbschaftsschulden und damit um zulässige Nachlasspassiven.

Die Folge: Der Rückforderungsanspruch der Ausgleichskasse wurde um die geltend gemachten Heimkosten von CHF 636.- auf CHF 12'733.- reduziert. Die restlichen Positionen, namentlich die geltend gemachten Bestattungs- und Todesfallkosten, blieben hingegen unberücksichtigt, da sie als Erbgangsschulden einzuordnen sind. Der Entscheid zeigt, dass eine präzise Abgrenzung zwischen Erbschafts- und Erbgangsschulden im Zusammenspiel von Sozialversicherungs-, Erb- und Vertragsrecht entscheidend ist.


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