Blog

Kostenüberschreitung – Gute Laune ade

Mancher Bauherr kann ein Lied singen! Da war von „ungefähr 35‘000 Franken“ die Rede. Und nun die Schlussabrechnung: CHF 48‘000.- nicht vorhersehbare Altbausubstanz, Änderungswünsche des Bauherrn, Mehrleistungen usw. lauten die Begründungen.
Im Konfliktfall sind nachweisbare Abmachungen – am besten schriftlich oder zumindest per E-Mail bestätigt – matchentscheidend. In einem Entscheid hatte das Bundesgericht eine Schadenersatzklage eines Bauherrn gegen seinen Architekten wegen Kostenüberschreitung gutgeheissen. Der Bauherr begründete seine Klage damit, dass beim mehrfach diskutierten und überarbeiteten „Kostenvoranschlag“ entgegen dem Wortlaut von einem absoluten „Kostendach“ auszugehen sei. Das Bundesgericht schützte diese Annahme (BGer 4A_210/2015). Die Nennung eines „ungefähren“ Kostenansatzes stellt keine rechtsverbindliche Preisvereinbarung dar, wohingegen ein „Circa-Preis“ zwar ebenfalls nicht exakt, aber innerhalb des vereinbarten Rahmens dennoch verbindlich ist. In der Praxis ist nicht immer klar, ob die Parteien den Kostenvoranschlag eines Unternehmers als Circa-, Fix- oder Höchstpreis-Vereinbarung (als Kostendach) verstehen durften oder nur als unverbindlichen Richtwert. Trifft letzteres zu, darf höchstens +/- 10% vom geschätzten Preis abgewichen werden, selbst wenn der Aufwand des Unternehmers grösser war. Doch aufgepasst: Änderungswünsche des Bauherrn nach Auftragserteilung oder gewünschte Mehrleistungen können zusätzlich verrechnet werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, vereinbart für eine klar definierte Leistung eine Pauschalsumme oder zumindest einen „Höchstpreis“. Diese Werte dürfen nicht überschritten werden, auch dann nicht, wenn Arbeits- und Materialkosten höher sind.
 
Weil der Begriff „Kostendach“ im Geschäftsverkehr oft auch als Referenzpreis oder Richtpreis verstanden wird, empfiehlt der unangefochtene Branchenspezialist Peter Gauch, ein Kostendach unmissverständlich als „Höchstpreis“ zu vereinbaren. Auch bei einem Höchst-, Pauschal-, Global- oder Einheitspreis, gibt es im Gesetz jedoch ein Ventil zugunsten des Unternehmers: Falls ausserordentliche Umstände, die nicht vorausgesehen werden konnten, die Fertigstellung übermässig erschweren, kann der Richter „nach seinem Ermessen eine Erhöhung des Preises oder die Auflösung des Vertrages bewilligen“. Fazit: Da die Begriffe „Kostenschätzung“, „Kostenvoranschlag“ oder „Kostendach“ nicht gleichwertig sind, sollten die vom Bauherrn hinzunehmenden Kostenüberschreitungen unmissverständlich definiert werden. Das Unklarheitsrisiko geht meist zu Lasten des vertragsdiktierenden Architekten oder Unternehmers. Bleibt anzufügen: Das Mehrkostenrisiko nimmt oft auch zu, wo Bauherren endlos auf die Preise drücken.
 
von MLaw Severin Gabathuler, publiziert im Sarganserländer