Schon seit geraumer Zeit plane ich, in meinem Garten einen Hühnerstall zu bauen. Da das Verhältnis zu meiner Nachbarin eher angespannt ist, befürchte ich, dass sie versuchen wird, sich dagegen zu wehren. Benötige ich überhaupt eine Baubewilligung für den Hühnerstall?
R.G. aus Uznach
Der Zweck einer Baubewilligung ist oftmals nicht auf den ersten Blick erkennbar. Schnell sieht sich der gewissenhafte Behördenmitarbeiter mit dem Vorwurf der Paragraphenreiterei konfrontiert, wenn er dem Hobbywerker erläutert, dass dieser im Einzelfall als Bauherr zu betrachten ist.
Fakt ist, dass Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden dürfen (so Art. 22 Abs. 1 des schweizerischen Raumplanungsgesetzes). Unter der Formulierung „Bauten und Anlagen“ sind sämtliche Werke zu verstehen, die langfristig an einem bestimmten Ort zu liegen kommen und Immissionen (auch rein ideeller Natur) verursachen. Demnach ist etwa ein Gartenhaus als Baute/Anlage zu qualifizieren, nicht aber ein mobiler Tischtennistisch. Das Bundesgericht geht sogar so weit, dass es auch blosse Nutzungsänderungen – selbst ohne bauliche Massnahmen – der Bewilligungspflicht unterstellt, soweit diese eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt verursachen. Den Kantonen ist es unbenommen, eine weitergehende Bewilligungspflicht anzuordnen. Die obengenannte, bundesrechtlich vorgeschriebene Bewilligungspflicht darf aber kantonal nicht gelockert werden (BGer 1A.202/2003).
Vor diesem Hintergrund lässt sich die aufgeworfene Frage wie folgt beantworten: Soweit Sie Ihre Hühner langfristig in einer – den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes entsprechend hinreichend grossen – Unterkunft halten wollen und es sich vorliegend nicht um eine geräusch- und geruchlose Zwerghühnerart handelt, ist der Stall bewilligungspflichtig. Oder unjuristisch ausgedrückt: ja.
Ob die Gemeinde tatsächlich jegliche baubewilligungspflichtigen Massnahmen im Sinne des Gesetzgebers überwacht, ist eine andere Frage. Deren Beantwortung hängt nicht nur von der Obrigkeitstreue der zuständigen Stelle, sondern vor allem davon ab, ob sie überhaupt Kenntnis vom „Bauprojekt“ erhält. Ihrer Schilderung des nachbarschaftlichen Umganges entnehme ich jedoch, dass Ihre Nachbarin in letzterer Hinsicht sehr „zuvorkommend“ sein dürfte.
von MLaw Severin Gabathuler, publiziert in Obersee Nachrichten