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Erbenstellung von Zahlkindern – eine Reform aus dem Jahr 1978, die noch heute wichtig ist

Herr E. wurde im Jahr 1976 als nichteheliches Kind geboren. Sein leiblicher (biologischer) Vater hat damals eine sogenannte Zahlvaterschaft anerkannt. Der Zahlvater ist sehr vermögend und Herr E. würde gerne wissen, ob er erbberechtigt ist.

Gesetzlicher Hintergrund: Bis zum 01.01.1978 hat das Gesetz einen erheblichen Unterschied zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern gemacht. Bei einem nichtehelichen Kindesverhältnis wurde in der Regel eine Vaterschaftsklage ohne Standesfolge erhoben oder ein Unterhaltsvertrag geschlossen. Das Gesetz unterschied explizit zwischen Zahlvater und Vater. Zwischen dem Zahlvater und dem Kind bestand kein rechtliches Kindesverhältnis.

Die Reform zum 01.01.1978 hat die Zahlvaterschaft abgeschafft, es gibt nur noch den rechtlichen Vater. Art. 13a Abs. 1 SchlT ZGB sieht vor, dass ein Zahlkind, das zum Zeitpunkt der Reform das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, binnen 2 Jahren auf Feststellung des Kindesverhältnisses klagen kann. Damit hätte man die Reform spätestens ab dem Jahr 1988 als abgeschlossen betrachten können.

Entscheide der Gerichte: Tatsächlich haben die Gerichte die Frist aber nicht angewendet, sondern lassen auch heute noch solche Vaterschaftsklagen aus wichtigem Grund, gemäss

Art. 263 Abs. 3 ZGB, zu. Eine solche Vaterschaftsklage hat auch heute noch erhebliche Relevanz, nicht aus unterhaltsrechtlichen Gründen, sondern aus erbrechtlichen Gründen.

Zahlkinder, die nicht auf Feststellung des Kindesverhältnisses klagen, sind keine Abkömmlinge ihres Zahlvaters und nicht erbberechtigt. Das hat das Bundesgericht in einem Entscheid vom 18.03. 2024 entschieden (BGer 5A_238/2023).

Nachdem der Zahlvater verstorben war, hat das Zahlkind seine Pflichtteilsberechtigung im Rahmen einer Herabsetzungsklage geltend gemacht. Das Bundesgericht hat entschieden, dass das Kind kein Pflichtteilserbe ist. Es hätte zunächst Klage auf Feststellung der Vaterschaft erheben müssen. Ob die Feststellungsklage auch noch nach dem Tod des Zahlvaters zulässig ist, musste das Gericht nicht entscheiden. Wendet man Art. 263 Abs. 3 ZGB konsequent an, müsste die Klage auch nach dem Tod des Zahlvaters grundsätzlich möglich sein.

Empfehlungen: Möchte Herr E. auf Nummer sicher gehen, sollte er die Klage auf Feststellung der Vaterschaft zu Lebzeiten des Zahlvaters erheben. Umgekehrt sollten Zahlväter Vorkehrungen in ihrem Testament treffen, für den Fall, dass nach ihrem Tod ein Zahlkind noch erbberechtigt wird.

 

Von Rechtsanwältin Andrea Fromherz, publiziert in der Linth Zeitung, im Sarganserländer und im Werdenberger&Obertoggenburger


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