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Die heimtückische Kaffeekanne

Hergestellt in China, in Deutschland nach EU-Richtlinien auf Qualität überprüft – und dennoch ging die Kaffeekanne in Brüche. Die verletzte Frau klagte mit Erfolg gegen den Importeur. Der Streit vor Gericht drehte sich um die Packungsbeschriftung und die „wichtigen Hinweise“. Auch Werbeagenturen haben dies zu beachten, denn sie haften dafür, dass die Werbebotschaften rechtlich korrekt sind (Lauterkeitsgrundsatz 7.1).

„Persönlich“ berichtete schon vor 8 Jahren über einen ähnlichen Fall. Damals ging es um eine Schrotflinte, aus welcher falsche Munition abgefeuert wurde. Auch damals hatte eine schlecht gestaltete und nur minimal beschriftete Packung ein juristisches Nachspiel. Der Jägersmann hatte die falsche Munition eingelegt, weil der Gefahrenhinweis nur englisch ("not recommended") und gestalterisch kaum lesbar vermerkt war. Der geschädigte Jäger berief sich erfolgreich auf die Produktehaftung. Fehlerhaft war nicht die Munition an sich, sondern die Beschriftung und Verpackungsgestaltung.

Achtung Gestaltungsgefahr!
Auch im Fall der Kaffeekanne erinnerte das Bundesgericht an die Gestaltungsgefahr. Es verlangt eine deutliche Warnung des Konsumenten vor allen Gefahren, die vorhersehbar sind und eine Information hinsichtlich der Gefahrenprävention. Diese Informationspflicht ist nicht etwa eine Alternative zur Pflicht des Herstellers, sichere Produkte zu konstruieren und zu fabrizieren. Hersteller können sich bei Publikumsprodukten wie Kaffeekannen, von denen Konsumenten eine «Basissicherheit» erwarten, nicht im Voraus dadurch befreien, dass sie ihr Produkt mit einer generellen Gefahrenwarnung versehen. Der vorhersehbare Gebrauch umfasst auch den allfälligen «Fehlgebrauch», mit dem der Hersteller vernünftigerweise rechnen muss. Die Fehlerursachen als solche spielen keine Rolle.

Falsche Darbietung ist Produktefehler
Die Klägerin hatte in der Küche mit der Kaffeemaschine den Kaffee zubereitet und die Kanne mit dem Kaffee auf die kunststoffbeschichtete Anrichte gestellt und den Deckel darauf gesetzt, worauf die Kaffeekanne zerbarst. Vor Gericht verantworten musste sich die Importeurin, welche sich nach Gesetz anstelle der ausländischen Herstellerin verantworten muss. Der Streit dreht sich um die Frage, ob die Kaffeemaschine fehlerhaft im Sinne von Art. 4 PrHG war. Ein Produkt ist dann fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist. Dazu gehören insbesondere die Darbietung, der Gebrauch, mit dem vernünftigerweise gerechnet werden kann und der Zeitpunkt des Inverkehrbringens. Das Bundesgericht erinnerte daran, dass der Fehler nicht etwa in der fehlenden Eignung des Produkts zum Gebrauch besteht, sondern im Manko an Sicherheit, welche die Allgemeinheit berechtigterweise erwarten kann.

Gefahrenhinweise fett!
Mit andern Worten: Wer einen Gefahrenhinweis ins Kleingedruckte verbannt, setzt sich selbst juristischer Gefahr aus (oder reitet seinen Kunden ins Verderben). Über die "Fehlerhaftigkeit" eines Produkts entscheidet nämlich nach Gesetz auch die Art und Weise der Produkte-Präsentation.

Nach dem noch jungen schweizerische Produktehaftpflichtgesetz aus dem Jahr 1992 ist ein Produkt u. a. dann "fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist". Dabei ist nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere auch abzustellen auf "die Art und Weise, in der es dem Publikum präsentiert wird". Deshalb bestimmen Prospektgestalter und Verpackungsdesigner das Risiko der Produktehaftpflicht eines Hersteller oder Importeurs ganz wesentlich mit und riskieren dabei gar, dass der Kunde schliesslich auf den unbedarften Gestalter Regress zu nehmen versucht. Denn Agenturen haften nach dem Lauterkeitsgrundsatz Nr. 1.7 ebenfalls (neben) dem Hersteller, dass die Werbung und Beschriftung den rechtlichen Normen entspricht.

Wer muss beweisen?
Das Bundesgericht äusserte sich auch zur Beweislast. Es muss in der Regel derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. In diesem Fall aber erkannte das Bundesgericht, entgegen der Auffassung der Vorinstanz müsse die Klägerin nicht durch eine Expertise beweisen, dass die Kaffeekanne einen Fabrikations- oder einen Konzeptionsfehler gehabt habe. Es genüge der Nachweis, dass der Gefahrenhinweis nicht hinreichend deutlich gewesen sei.

 

von Dr. iur. Bruno Glaus


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