Werbe- und PR-Agenturen haften für "rechtmässige" Ware. Und sie haften Dritten gegenüber solidarisch mit dem Werbeauftraggeber.
Wenn Werbe- oder PR-Agenturen ein faux-pas unterläuft, hat häufig der Kunde den Prozess am Hals. Bei ihm ist — in der Regel - mehr zu holen als bei der Agentur. Und Druck machen lässt sich beim Kunden weit mehr als bei der Agentur. Nichts könnte dem Image der Unternehmung mehr schaden als der Abbruch einer Übung auf halber Strecke wegen vorsorglichen Massnahmen.
Just dies riskiert aber, wer abgekupferte Bilder von Roy Lichtenstein oder Imitationen eines Star-Fotografen imitiert (Urheberrechtsverletzung), wer Bilder von Prominenten und weniger Prominenten ohne deren Einwilligung für kommerzielle Zwecke einsetzt (Persönlichkeitsverletzung) oder wer unnötig verletzend oder herabsetzend über die Konkurrenz daher zieht.
Haftungsgründe
Kommerzielle Kommunikation und Gestaltung, insbesondere Werbeaussagen und PR-Texte können Rechtsnormen verletzen. Sie können falsch sein, unnötig verletzend (herabsetzend), irreführend, besonders aggressiv, sie können Verwechslungsgefahr herbeiführen oder Nachahmungen anderer Werke sein, sich schamlos anlehnen an andere Produkte oder unzulässige Vergleiche enthalten. In all diesen Fällen stellt sich die Frage der Haftung, sei es vertraglich, sei es ausservertraglich. Der Fettnäpfe gibt es wirklich viele.
Der Schwarze Peter
Der Schwarze Peter liegt letztlich immer bei der Agentur. Denn ins Recht gefasst wird sie entweder (ausservertraglich) direkt vom geschädigten Konsumenten oder Mitbewerber oder (vertraglich) indirekt vom Werbeauftraggeber, welcher Regress nimmt auf die Agentur, wenn er zur Kasse gebeten wird. Agenturen, Medien und Werbeauftraggeber haften in der Regel solidarisch für das Ganze, der Geschädigte, kann wahlweise und willkürlich nur gegen einen, oder gegen alle vorgehen. Wird nur das werbende Unternehmen ins Recht gefasst, kann dieses auf die Agentur Regress nehmen wegen Verletzung der vertraglichen Sorgfalts- oder Leistungspflichten. Von den geschädigten Dritten kann die Werbeagentur allein oder im "Multipack" mit den andern Beteiligten oder mit dem Auftraggeber zur Verantwortung gezogen werden.
"Solidarische Haftung aller"
Die Lauterkeitsgrundsätze der Lauterkeitskommission halten diesen Grundsatz ausdrücklich fest: Auch Werbe- und PR-Agenturen haften für die "Rechtmässigkeit" einer werblichen Aussage. Sie können von Geschädigten und Verletzten direkt belangt werden (Lauterkeitsgrundsatz Nr.1.7; Verantwortlichkeit für die Werbeaussage). Ins Recht gefasst werden kann aber auch der Werbeauftraggeber. Es gilt das "Prinzip der solidarischen Haftung" somit auch bei Werbeaussagen. Nebst der Werbeagentur und dem Medienunternehmen ist insbesondere auch der Werbeauftraggeber verantwortlich.
Die Lauterkeitsgrundsätze 1.7 und 1.8 halten fest, was sich bereits aus den gesetzlichen Normen ergibt: Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch" (Art. 50 OR). Wer in seinen Persönlichkeitsrechten widerrechtlich verletzt wird, kann deshalb "gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt", Klage einreichen (Art. 28 ZGB).
Herausgabe des Gewinns
Wer die gesetzlichen Normen aus eigenem Verschulden verletzt, muss dem Kläger Schadenersatz und allenfalls gar (zusätzlich) Genugtuung zahlen. Kann dem Verletzer kein Verschulden nachgewiesen werden, kann er dennoch zur Herausgabe des Gewinns verpflichtet werden. So beispielsweise der Werbeauftraggeber, der ahnungslos ein abgekupfertes Bild oder ein Plagiat seiner Agentur einsetzt.
Vertrauenshaftung
Haftung kann nicht nur wegen Rechtsverletzung entstehen, sondern auch wegen Rechtsbegründung: "Werden in einer Werbung konkrete Aussagen gemacht, so können diese Aussagen dem Erwerber der beworbenen Sache oder Dienstleistung gegenüber rechtsverbindlich und zum Inhalt des Vertrages über den Erwerb dieser Sache oder Dienstleistung werden. Wird in einer Autowerbung zum Beispiel mit dem Slogan "10 Jahre Garantie gegen Durchrosten" geworben, so kann sich ein Käufer des besagten Fahrzeuges gegenüber dem Werbung treibenden Unternehmen darauf berufen, auch wenn im eigentlichen Kaufvertrag nichts von einer solchen Garantie steht" (Schwenniger Marc, Werberecht: Kommentierte Textausgabe, Zürich 1999, S.29ff.). Gewährleistungsansprüche können deshalb nicht nur durch die explizite Zusage von Eigenschaften, sondern auch durch den allgemeinen Werbeauftritt begründet werden. Haftbar gemacht werden kann unter Umständen gar ein Dritter, welcher sich vertrauenserweckend für ein Produkt einspannen lässt (BGE 120 II 331).
Produkthaftpflicht
Werbeaussagen beeinflussen zudem auch die Haftung für fehlerhafte Produkte gemäss dem Produkthaftpflichtgesetz. Diese Haftung gemäss Produkthaftplichtgesetz besteht unabhängig vom Verschulden der ins Recht gefassten Person. Fehlerhaft ist ein Produkt unter anderem auch dann, wenn es dem Publikum mit all seinen Gefahren mangelhaft kommuniziert wird ("für alle Zwecke geeignet", "für alle geniessbar", "absolut frei von" etc.).
Strafrechtliche Folgen
Falsche, irreführende, unnötig verletzende und täuschende Werbung kann auch strafbar sein (vergl. dazu Art. 23 UWG). Es droht Gefängnisstrafe oder Busse bis zu 100'000 Franken. Ordnungsbussen wegen Übertretung von verwaltungsrechtlichen Werbevorschriften (z.B. bei Heilmittelwerbung) können bis zum Betrag von 5'000 Franken einer juristischen Person (z.B. Aktiengesellschaft) aufgebrummt werden, auch wenn die verantwortliche Person nicht eruiert werden kann.
Die SLK zur Haftung
"Zum anderen ergibt sich aus dem Grundsatz der SLK über die Verantwortlichkeit für die Werbeaussage (Grundsatz Nr. 1.7), dass der Werbeauftraggeber sehr wohl haftbar gemacht werden kann, da das Prinzip der solidarischen Haftung auch bei Werbeaussagen gilt, womit nebst der Werbeagentur und dem Medienunternehmen insbesondere auch der Auftraggeber verantwortlich sind (vgl. dazu L. David et al. in Werberecht. Kommentierte Textausgabe, Zürich 1999, 35; P. Schaltegger, Die Haftung der Presse aus unlauterem Wettbewerb, Zürich 1992, 67 ff.; M. Taufer, Einbezug von Dritten im UWG, Zürich 1997, 153 ff.; W. Fellmann, Haftung für Werbung - ein erster Schritt zu einer allgemeinen Vertrauenshaftung?, medialex 1995, 94 ff., insbes., 95 f., unter Berücksichtigung von BGE 120 II 331 E. 2, ["Swissair"]; H.O. Marti, Die Werbeaussage und ihre Rechtsfolge, Zürich 1981, 2 ff.; ferner F. Riklin, Schweizerisches Presserecht, Bern 1996, § 10 Rz. 13)".
("Schlossgold"-Entscheid der Schweizerischen Lauterkeitskommission vom 20. Januar 2000)
von Dr. iur. Bruno Glaus