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Bundesgericht zur Sicherheitshaft im Berufungsverfahren

Mit dem zur Publikation vorgesehenen Urteil 7B_358/2025 vom 28. Mai 2025 klärt das Bundesgericht zentrale Fragen zur Anordnung und Verlängerung der Sicherheitshaft im Berufungsverfahren bei selbständigen nachträglichen Entscheiden – konkret bei der Verlängerung einer stationären therapeutischen Massnahme nach Art. 59 StGB.

Strittig war zunächst die Zuständigkeit der Berufungsinstanz zur Verlängerung einer bestehenden Sicherheitshaft. Das Bundesgericht hielt fest, dass die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts auch ohne Antrag der Staatsanwaltschaft von Amtes wegen über die Fortdauer der Haft befinden darf (Art. 364b Abs. 4 StPO i.V.m. Art. 231 ff. StPO). Sobald das Verfahren bei der Berufungsinstanz hängig ist, hat sie von Amtes wegen darüber zu befinden, ob die auslaufende Sicherheitshaft zu verlängern ist oder nicht. Der Beschwerdeführer konnte sich mit seinem Argument, es brauche zwingend ein Gesuch der Staatsanwaltschaft, nicht durchsetzen.

Zweitens verwarf das Bundesgericht die Rüge, die Sicherheitshaft hätte zwingend befristet werden müssen. Nach geltender Rechtslage müsse im Berufungsverfahren keine automatische Haftprüfung nach Art. 227 Abs. 7 StPO erfolgen, da durch Art. 364a f. StPO (in Kraft seit 2021) i.V.m. Art. 233 StPO eine gesetzliche Grundlage für die vollzugsrechtliche Sicherheitshaft besteht. Entscheidend ist, dass der gesetzliche Rahmen eine unbefristete Anordnung bis zum Berufungsentscheid unter der Voraussetzung erlaubt, dass jederzeit ein Haftentlassungsgesuch gestellt werden kann (Art. 233 StPO). Somit sei den verfassungs- und konventionsrechtlichen Anforderungen an den Schutz der persönlichen Freiheit Genüge getan.

Entscheidend war schliesslich die Verletzung des rechtlichen Gehörs: Die Vorinstanz stellte dem Beschwerdeführer neue Vollzugsakten erst zusammen mit dem Haftentscheid zu, ohne ihm vorgängig die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Das Bundesgericht erkannte hierin eine Verletzung des Replikrechts und damit eine Gehörsverletzung.

Fazit: Das Bundesgericht macht deutlich, dass die Verfahrensrechte uneingeschränkt gelten - auch im Strafvollzug. Selbst wenn ein Gericht die Sicherheitshaft ohne Antrag verlängern darf und keine feste Befristung nötig ist, muss der betroffenen Person im Vorhinein Akteneinsicht gewährt und so das rechtliche Gehör gewährt werden.


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