(Zusammenfassung des Referats vor dem Verband der Schweizer Druckindustrie)
1. Die Herstellung eines Print- oder Medienprodukts ist ein Werkvertrag im Sinne von Art. 363 ff. OR. Durch den Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werkes und der Besteller zur Leistung einer Vergütung.
2. Alles, was der Besteller (Kunde) geliefert hat (Werk, Werkstoff, Hilfsmittel, Nebenprodukte) gehört dem Besteller. Das zu bearbeitende Werk kann körperlich angeliefert worden sein (analoge Daten) oder unkörperlich (digitalisierte Daten, festgelegt auf einer Festplatte, Diskette oder CD-Rom).
3. Der Unternehmer muss dem Kunden (Besteller) nur das Endprodukt abliefern, nicht aber die Zwischenprodukte, solange nichts Gegenteiliges vereinbart wurde. Anders verhält es sich nach Auftragsrecht: Der Beauftragte (Arzt, Anwalt, Berater etc.) muss nach Art. 400 OR alles herausgeben, was ihm "aus irgendeinem Grunde zugekommen ist".
4. Wenn sich die Vertragsparteien über den Vertragsinhalt nicht einig sind, ist dieser gestützt auf das Vertrauensprinzip zu ermitteln. Demgemäss sind vertragsbezogene Willenserklärungen so auszulegen, wie sie vom Empfänger in guten Treuen verstanden werden durften und mussten (BGE 117 II 278 E.5a; Gauch/Schluep OR-AT, 6. A., N.207ff.). Dies beurteilt sich nicht nur nach dem Wortlaut und dem gesamten Zusammenhang, in dem sie stehen, sondern auch nach den Umständen, die ihnen vorausgegangen und unter denen sie abgegeben worden sind. Von Bedeutung ist auch das Verhalten der Parteien nach Vertragsabschluss. So hat ein Gericht die Herausgabe von Negativen einer Hochzeitsreportage abgelehnt, weil die Aushändigung von Negativen weder vorgängig vereinbart, noch bei der ersten Produktionstranche herausverlangt worden waren. Es besteht auch keine Usanz, wonach Hilfsmittel und Nebenprodukte an den Besteller herausgegeben werden müssen.
5. Fotonegative sind — wie der belichtete Film - ohne gegenlautende Vereinbarung lediglich Hilfsmittel (Handelsgericht des Kantons Zürich in einem nicht weiter begründeten Entscheid ZR 40, 1941, Nr. 115, Bezirksgericht See, Urteil vom 20 Januar 1998, publ. In Glaus 2000, S. 64). Wenn der Besteller den belichteten Film geliefert hat, müssen ihm nicht nur die entwickelten Positive, sondern auch die Negative, die Werkträger, herausgegeben werden. Wenn ein Fotostudio die Fotos selbst gemacht hat, gehören die Negative dem Fotostudio.
6. Daten, welche erst beim Druckunternehmer entstehen, z.B. Daten einer Werkbearbeitung (Lithos) muss der Druckunternehmer nach den oben erwähnten Grundsätzen nicht herausgeben, wenn es nicht vertraglich vereinbart wurde, weil er nur das Endprodukt und die angelieferten Werke, Werkstoffe und Hilfsmittel ausliefern muss. Zu beachten ist indes die Aufbewahrungspflicht (Art. 962 OR).
7. Eine Besonderheit stellt die Programmierung einer Website. Die einzelnen Webpages sind Textdateien, die in einem spezifischen Datenformat, dem sogenannten HyperTextMarkup-Language (HTML) gespeichert sind. Sie gelten urheberrechtlich nicht als Computerprogramme (Weber 2001, S.199). Ein Computerprogramm liegt erst vor, wenn eine selbständig lauffähige Befehlsfolge möglich ist. Die Website aber setzt den Einsatz eines separaten Computerprogramms (Webbrouwser) voraus. Die Website ist deshalb eine gewöhnliche Datei (Weber 2001). Sie kann aber als Sammelwerk (z.B. durch das originelle Zusammenfügen einzelner Webpages) oder als künstlerische Leistung (z.B. als geschlossenes gestalterisches Ganzes).
8. Auch sachenrechtliche Überlegungen führen nicht zu einem andern Schluss: Nur vom Kunden selbst belichtete Filme müssen als Negative wieder zurückgegeben werden. Durch die Entwicklung findet keine Verschiebung der Eigentumsrechte durch Verarbeitung statt (Art. 726 ZGB). Gleiches gilt für die Bearbeitung der vom Kunden angelieferten Daten: Diese müssen in der angelieferten Form zurückgegeben werden, die bearbeitete Version als Nebenprodukt bleibt indes beim Druckunternehmen, solange nicht Gegenlautendes vereinbart wurde. In der Praxis setzt sich indes immer mehr das Selbstverständnis durch, dass alles dem Kunden gehört, weil er für alles bezahlt hat, dieser dann aber die Archivierung und Verwaltung durch den Unternehmer honorieren muss.
Fragenkatalog Druckvorstufe © Dr. B. Glaus, 8730 Uznach
1. Wem gehören die Daten, wenn diese durch einen Grafiker erfasst und von der Druckerei ergänzt oder "veredelt" werden?
Die Antwort auf diese Frage hängt ab, von
1. den vertraglichen (ausdrücklichen, stillschweigenden oder konkludenten) Abmachungen zwischen Grafiker und Kunde sowie zwischen Grafiker (oder Kunde) mit Druckerei.
2. wenn keine vertraglichen Abmachungen getroffen wurden, ist der Grad der schöpferischen Leistung des Grafikers und/oder der Druckerei ausschlaggebend (urheberrechtlich geschützte Werke gehören dem Schöpfer). Die Übertragung eines Verwendungsrechts schliesst die Übertragung anderer Teilrechte (oder gar des ganzen übertragbaren Urheberrechts) nicht mit ein (Art.16 Abs.2 URG). Auch als Datenbank kann die Leistung des Betriebes nur dann urheberrechtlichen Schutz erlangen, wenn sie eine individuelle schöpferische Leistung ist. Die Schweiz verfügt über keinen spezifischen Schutz von Datenbanken, es sei denn, sie könne als Sammelwerk im Sinne von Art.4 Abs. 1 URG qualifiziert werden. Es besteht diesbezüglich gegenüber dem EU-Recht eine Lücke (Weber 2001, S.210).
3. Wenn kein urheberrechtlich geschützte Leistung vorliegt, gehören die bearbeiteten Daten dem Bearbeiter, das angelieferte Rohmaterial dem Besteller (vergl. dazu die Allgemeinden Geschäftsbedingungen des VSD). Wo eine Trennung nicht mehr möglich ist, ist allenfalls Art. 726f. ZGB analog anzuwenden.
4. Allerdings hat sich — vorallem auch im Zusammenhang mit der ISO-Zertifizierung — eine kundenfreundlichere Praxis verbreitet: das Eigentum an den Daten gehört dem Kunden, die Druckerei ist Dienstleisterin bezüglich Datenablage, Archivierung und Verwaltung (was u.U. etwas kostet). Nach Abschluss eines Auftrags hat der Unternehmer diesbezüglich eine nachvertragliche Aufklärungspflicht hinsichtlich der Archivierung. Umstritten ist die Aufbewahrungsfrist (s. Ziff. 4).
2. Wem gehören die Daten, wenn sie durch die Druckerei erstellt werden?
Vergl. die Vorziffer Frage 1.
3. Wer ist Eigentümer der Daten, wenn Bilddatenbanken oder Objektdatenbanken in der Druckerei erstellt werden (Cross-Media)?
Vergl. die Antworten zu den Vorfragen. Es gelten vorrangig die vertraglichen Abmachungen. Solange die Datenbank kein Sammelwerk im Sinne von Art. 4 Abs.1 URG, mithin nicht mehr als eine blosse Addition der Beiträge ist, kann urheberrechtlich kein Schutz beansprucht werden.. Auswahl und Anordnung können aber den Grad einer geistigen Schöpfung mit individuellem Charakter erreichen (Weber 2001, S.208f.). Wenn das Erstellen einer Datenbank der eigentliche Vertragsgegenstand war, gehört das Vertragswerk dem Besteller. Wenn es lediglich Hilfsmittel oder Werkzeug des Herstellers ist, gehört sie — anderslautende Verabredungen vorbehalten — dem Unternehmer
4. Wie lange dauert die (gesetzliche) Aufbewahrungspflicht von Bild und Textdaten in der Druckerei?
Die ISO-Norm geht bezüglich Lauftaschen von einer fünfjährigen Aufbewahrungsfrist aus, welche sich an der Verjährungsfrist gemäss Art. 128 Abs. 3 OR für Handwerksarbeit orientiert.
Zu beachten ist indes die Aufbewahrungsfrist für im Handelsregister eingetragene Firmen, welche 10 Jahre beträgt für alle geschäftsrelevanten Daten. Die Aufbewahrungsfrist hängt eng mit der prozessrechtlichen Editionspflicht zusammen. Die Art. 975ff. OR gelten "als Richtschnur dafür, wie rechtsrelevante Unterlagen bzw. Daten, die nicht unmittelbar kaufmännischer Natur sind (wie z.B. Produktionsdaten, Daten aus Computer Aided Design und Computer Aided Manufacturing) aufbewahrt und im Rechtsstreit gewürdigt werden müssen" (Botschaft des Bundesrates zur OR-Revision vom 31. März 1999). Das Führen der Geschäftsbücher schliesst gemäss erwähnter Botschaft auch die Aufbewahrung von Daten über die zu Grunde liegenden Geschäftsvorfälle ein.
Unter diesem Gesichtspunkt ist die Bestimmung im PPS-AGB (lit.l) m.E. jedenfalls dann nicht gesetzes-konform, wenn gleichzeitig ein Eigentumsanspruch auf die Daten geltend gemacht wird (was aus lit.f zu entnehmen ist): "Vom Lieferanten erbrachte kreative und gestalterische Leistungen sind urheberrechtlich geschützt und bedürfen bei einer anderweitigen Verwendung dessen Zustimmung"). Sinngemäss gleich ist die Regelung im AGB Druck.
5. Welche Konsequenzen hat das versehentliche Löschen von Kundendaten?
Wiederum ist vorab auf die vertraglichen Abmachungen abzustellen. Wem gehören die Daten? Hatte die Druckerei eine Aufbewahrungspflicht? Wenn ja, kann die Druckerei nach den Regeln über die Nichterfüllung von Verträgen schadenersatzpflichtig werden.
6. Wo liegt das Copyright bei analogen und digitalen Bildern?
Urheberrechtliche Ansprüche bestehen nur bei geistigen Schöpfungen mit individuellem Gepräge. Das Urheberrecht (beinhaltend Urheberpersönlichkeitsrechte und Urheberverwendungsrechte) fällt originär immer beim Schöpfer an. Das gilt sowohl bei analogen als auch bei digitalen Daten. Werbeagentur, Grafiker und / oder Druckerei können allenfalls ein Verwendungsrecht oder ein Bearbeitungsrecht erworben haben.
7. Was muss bei der Verwendung von Internet-Daten (Bilder, Texten und Grafiken) beachtet werden (Schweiz, Weltweit)?
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum (im internationalen Raum ist nur die Durchsetzung des Rechts schwierig). Das Internet ist kein Selbstbedienungsladen. Nicht alles ist frei verfügbares "Gemeingut". Es gelten die urheber-, persönlichkeits- und wettbewerbsrechtlicherechtlichen Schranken.
8. Können die Projektkosten verrechnet werden, oder sind diese kostenlos? Wie definiert man diese Projektkosten anstelle von Offerten?
Der Begriff "Projektkosten" ist interpretationsbedürftig. Er umfasst die Gesamtkosten eines Projekts. Indes: Verhandlungs- und Offertkosten gehen zu Lasten des Offerierenden. Offerieren bedeutet, Preise für bestimmten Leistungen im Hinblick auf die Ausführung eines Projekts zu nennen. Wer nach dem Offerieren (oder gleichzeitig) auch Vorstudien oder erste Entwürfe in Auftrag gibt (d.h. Arbeiten, welche über das herkömmliche Offertwesen hinausgehen), hat dafür eine Entschädigung zu leisten. Zu beachten ist, dass Produktionsbetriebe manchmal ohne Auftrag Vorleistungen erbringen, welche nicht als entschädigungspflichtige Leistungen gelten können (Vergl. dazu Glaus, Das Recht der kommerziellen Kommunikation, Rapperswil 2000, S. 58)
9. Rechtliche Aspekte von Offerten, Auftragsbestätigungen und Gut zum Druck, wenn diese mit E-Mail übermittelt werden.
"Aufzeichnungen auf Bild- oder Datenträgern haben die gleiche Beweiskraft wie die Unterlagen selbst" (Art.962 Abs.4 OR). Da für Werkverträge keine besonderen Formvorschriften gelten, bedarf es der mit Originalunterschrift bezeugten Schriftlichkeit nicht. Eine Handsignierung ist nicht Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit der Abmachungen. Es gelten die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts und je nach Abmachungsart die Beweisregeln bzw. die Beweisprobleme (Vergl. dazu Glaus, Das Recht der kommerziellen Kommunikation, Rapperswil 2000, S.62).
von Dr. iur. Bruno Glaus