Das weisse Kreuz auf rotem Feld feiert Urständ. Doch: Nicht alles ist erlaubt im Wildwuchs der Accessoires. „persönlich“ zeigt auf, was unzulässig ist und was nicht.
Das weisse Kreuz auf rotem Hintergrund boomt. Auf unzähligen Lifestyle-Produkten wie Taschen, T-Shirts, Krawatten, Portemonnaies, Teetassen, Hüten usw. manifestieren Bürgerinnen und Bürger ihren Nationalstolz. Unweigerlich stellt sich die Frage, ob das Tragen des Schweizer Kreuzes wirklich etwas mit einem neuen Bewusstsein für die „Swissness“ zu tun hat, oder geht es dabei nur um einen neuen Trend der Modewelt, bei dem das Schweizerkreuz zum blossen Dekor verkommen ist? Dieser Frage geht das Museum für Kommunikation in seiner Ausstellung „Weiss auf Rot – United Colours of Switzerland“, die Mitte Oktober eröffnet wird, unter anderem nach.
Der Wappengebrauch und die Gesetze
Der zulässige Gebrauch des Schweizer Wappens wird durch verschiedene Gesetze eingeschränkt. Dazu zählt das Bundesgesetz zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen vom 5. Juni 1931 (WSchG/SR 232.21), das Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben vom 28. August 1992 (MSchG/SR 232.11) sowie durch internationale Uebereinkommen. Der Bundesbeschluss betreffend das eidgenössische Wappen vom 12. Dezember 1889 (SR 111) schränkt den Gebrauch des Wappens nicht ein, sondern definiert das Schweizer Wappen.
Definition des Schweizerkreuzes
Der Wildwuchs mit dem Schweizer Kreuz ist auch unter rechtlichen Aspekten hoch interessant. Das Schweizerkreuz ist schon in den verschiedensten Formen und Varianten aufgetaucht. Einer der aufseherregendsten Fälle in dieser Hinsicht ereignete sich im Zusammenhang mit dem Marktauftritt der Swiss. Star-Desinger Tyler Brûlé hatte die Arme des Schweizerwappens absichtlich schlänker dargestellt als nach der Bestimmung des Bundesbeschlusses vom 12. Dezember 1889 (siehe Cash-Artikel vom 8. November 2002). Gemäss diesem Beschluss ist das Wappen der Eidgenossenschaft ein im roten Felde aufrechtes, freistehendes weisses Kreuz, dessen unter sich gleiche Arme je einen Sechstel länger als breit sind. Grundsätzlich besteht keine gesetzliche Grundlage, die vorschreibt, dass nur das Wappen in der offiziell definierten Form verwendet werden muss. Jedermann, der das Wappen verwenden darf, kann dieses auch in einer stilisierten Form gebrauchen. Wird das schweizerische Hoheitszeichen jedoch auf Luftfahrtzeugen verwendet, ist zusätzlich die Verordnung über die Kennzeichen der Luftfahrtzeuge (VKZ; SR 748.216.1) zu beachten. In Art. 6 VKZ wird dabei die Definition des Bundesbeschlusses nochmals wiederholt und ist daher auch verbindlich.
Verbotener Gebrauch des Schweizer Kreuzes
Art. 2 des Bundesgesetzes zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen (WSchG) verbietet den markenmässigen Gebrauch von Wappen und Zeichen der Eidgenossenschaft und der Kantone. Als markenmässigen Gebrauch versteht sich jedes Anbringen von Wappen oder Zeichen auf Erzeugnissen oder auf ihrer Verpackung zu geschäftlichen Zwecken, d.h. das Wappen wird in Verbindung mit Firma und Marke gesetzt (Hinweis auf die geographische Herkunft der Ware). Dies gilt sowohl für ausländische Produkte, die in der Schweiz verkauft werden, als auch für in der Schweiz selber hergestellte Erzeugnisse (Vgl. dazu „Rund um den Wappenschutz“, Auszug aus dem Jahresbericht von 1986 des Bundesamtes für geistiges Eigentum). Dieses Verbot gilt auch für Zeichen, die mit dem Schweizer Kreuz verwechselt werden können.
Praxisänderung bei IGE
Bis 1999 wies das Institut internationale Hinterlegung einer Marke bzw. eines Mus-ters oder Modelle (Designs) mit Wirkung für die Schweiz vollumfänglich zurück, wenn es ein Kreuz enthielt, welches gestützt auf das Wappenschutzgesetz (SR 232.21) oder das Bundesgesetz betreffend den Schutz des Zeichens und des Namens des Roten Kreuzes (SR 232.22) nicht als Bestandteil einer Marke oder eines Designs eingetragen werden darf. Da die Rekurskommission für Geistiges Eigentum diese Praxis in zwei Entscheiden („Cercle“, sic! 1999, 36 ff. und „Croix rouge“, sic! 1999, 290 ff.) mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip als unvereinbar erklärte, hat sich das Institut für folgende Aenderung entschieden: Das Schweizerkreuz besteht aus einem weissen Kreuz im roten Feld (Bundesbeschluss betreffend das eidgenössische Wappen, SR 111). Diese Charakterisierung sowie die Tatsache, dass für den Durchschnittskonsumenten der Bezug zwischen dem Schweizerkreuz und den Farben Rot und Weiss offensichtlich ist, führt dazu, dass ein Kreuz, welches in anderen Farben dargestellt wird, oder ein weisses Kreuz auf andersfarbigem Grund nicht mit dem CH-Kreuz verwechselt wird. Die Verwechslungsgefahr mit dem Schweizerkreuz kann somit durch einen positiven Farbanspruch (z.B. grünes Kreuz) oder eine negative Formulierung („das in der Marke enthaltene Kreuz wird weder in weiss auf rotem Grund noch in rot auf weissem Grund noch in einer anderen zu Verwechslungen mit dem Schweizerkreuz oder dem Zeichen des Roten Kreuzes führenden Farbe wiedergegeben") ausgeschlossen werden. Eine stilisierte Wiedergabe kann die Verwechslungsgefahr ebenfalls ausschliessen. Die Stilisierung muss jedoch so ausgestaltet sein, dass kein Bezug mehr zum Schweizer Kreuz hergestellt werden kann.
Erlaubter Gebrauch des Schweizerkreuzes
Vom Verbot der Eintragung und des markenmässigen Gebrauchs sind das Gemeinwesen oder die Unternehmen des Gemeinwesens ausgenommen. Für sie gelten die Ausnahmebestimmungen gemäss Art. 1 Abs. 2 WSchG und Art. 2 Abs. 2 WSchG. Die jeweilige Eintragung der Wappen der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden ist aber nur für das betreffende Gemeinwesen selbst möglich. Seit den Achtzigernjahren hat sich das Bundeswappen in rund hundert verschiedenen Brands multipliziert. Jedes Departement und fast jedes Amt hat sich ein eigenes Logo verpasst. Dabei wurde es ähnlichen Verfremdungen ausgesetzt wie beispielsweise bei Post und SBB (Alberto Meyer, Weiss auf Rot – United Colours of Switzerland, Bern 2004).
Nur für Dienstleistungen gilt Privileg
Im Zusammenhang mit Dienstleistungen ist sowohl die Eintragung als Marke wie auch der markenmässige Gebrauch gestattet. Das Markenschutzgesetz sieht dies ausdrücklich vor (Art. 75 Ziffer 3 MSchG). Der Gebrauch des Wappens ist aber nur insoweit erlaubt, als der Herkunftshinweis nicht irreführend ist. Irreführend ist der Wappengebrauch dann, wenn beim Adressaten die Vermutung aufkommt, dass be-sondere Eigenschaften wie die Herkunft aus einem bestimmten Land oder eine be-stimmte Qualität vorhanden sind. Irreführung ist dann anzunehmen, wenn falsche oder irreführende Angaben dazu geeignet sind, den Abnehmer zur Inanspruchnahme der angebotenen Leistung zu bewegen bzw. – und in Bezug auf eine Drittleistung – ihm davon abzuraten (Pedrazzini/Pedrazzini: „Unlauterer Wettbewerb UWG“, Bern 2002, Rz 6.01ff.).Von diesem Recht wird im Wirtschaftsleben auch Gebrauch gemacht wie z. B. bei den bekannten Dienstleistungsmarken „Swiss“ und „Swisslife“. Die Privilegierung der Dienstleistungszeichen gegenüber den Warenzeichen war ein politischer Entscheid und wurde im Rahmen der parlamentarischen Diskussion eingebracht (vgl. Eugen Marbach, Schweizerisches Imaterialgüter- und Wettbewerbsrecht III, Markenrecht, Basel 1996, S. 88, FN 328).
Dekorativer Gebrauch ist erlaubt
Zulässig ist auch der Gebrauch des Schweizer Kreuzes zu bloss dekorativen zwe-cken. Die Unterscheidung zwischen geschäftlichem und dekorativem Gebrauch fällt nur im Zusammenhang mit Ware in Betracht (Art. 2 MSchG). Für Dienstleistungen stellt sich diese Abgrenzung nicht, da sie Verwendung des Schweizer Wappens unter dem Vorbehalt, dass kein Verstoss gegen die guten Sitten vorliegt, zulässig ist. Ein dekorativer Gebrauch ist selbst dann zulässig, wenn das Schweizerkreuz als schmückendes Element dem Verkauf des betreffenden Produktes förderlich ist bzw. wenn es nur aus diesem Grunde gekauft wird. In der Praxis bietet aber gerade die Abgrenzung zwischen dekorativem (zulässigen) und geschäftlichem (unzulässigem) Gebrauch für Produkte erhebliche Schwierigkeiten. Als zulässsig wird der Gebrauch auf Produkten angesehen, bei welchen nach allgemeiner Ansicht der letzte Abnehmer auf das Vorhandensein des Wappens Wert legt oder bei welchen der Zweck der Ware die Wappenverwendung nahe legen (z.B. das Gesellschaftsspiel „Reise durch die Schweiz“). Der dekorative Gebrauch wurde daher im Zusammenhang mit Me-daillen, Jubiläumsgegenständen, Festabzeichen, typischen Souvenirartikeln wie Be-cher, Schweizer Messer und Teelöffel (vgl. BGE 83 IV 108) bejaht.
Für Herkunftsbezeichnungen verboten
Unzulässig ist der Gebrauch des Wappens stets dann, wenn diese in erster Linie angebracht werden, um die Schweizer Herkunft der Produkte hervorzuheben. Ob dies im Einzelfall zutrifft, liegt in der Beurteilung der kantonalen Gerichtsbehörden. Diese stellen einerseits auf das Produkt, aber auch auf die Art, Grösse und den Standort des Schweizerkreuzes auf dem Produkt ab. Wird beispielsweise ein kleines Schweizerkreuz auf Brusthöhe oder am Kragen, wo gewöhnlich die Produkte-Labels zu erwarten sind, aufgetragen, geht die Behörde davon aus, dass damit auf die Herkunft hingewiesen werden soll. Ist hingegen das T-Shirt selbst ein einziges grosses Schweizerkreuz, dann handelt es sich um einen blossen Dekor. Der Käufer nimmt dabei nicht an, dass es sich um ein Schweizer Produkt handelt.
Anders lag der Fall bei den berühmten SIGG-Pfannen-Trophy, die Coop in im Jahre 2003 mit einer einmaligen „Pfannen- Märkeli- Aktion“ seinen Kunden hinterherwarf. Obschon die Pfannen in China produziert wurden, versah man die Packung der SIGG-Pfannen mit einem Schweizerkreuz. Dabei handelte es sich um einen unzulässigen Gebrauch, da damit auf die Herkunft der Pfannen hingewiesen werden sollte. Heute werden deshalb die SIGG-Pfannen mit einer neutralen Packung angeboten. Anzufügen ist hier noch, dass auch ein Ausländer, der im Ausland niedergelassen ist, ein Schweizer Kreuz zu dekorativen Zwecken auf seiner Ware anbringen darf (BGE 83 IV 108 Teelöffeli-Fall).
Gebrauch in der Werbung
Zulässig ist der Gebrauch des Schweizer Wappens in der Werbung. Gemäss Art. 3 WSchG dürfen das Wappen und andere Zeichen der Eidgenossenschaft und der Kantone auf Geschäftsschildern, Anzeigen, Prospekten oder Geschäftspapieren (auch im Internet) angebracht werden, sofern sie nicht gegen die guten Sitten ver-stossen. Als Verstoss gegen die guten Sitten gilt namentlich auch die täuschende Benutzung eines Wappens. Dabei reicht schon die Möglichkeit einer Täuschung über die geographische Herkunft, den Wert oder andere Eigenschaften von Erzeugnissen, über die Nationalität des Geschäfts oder über geschäftliche Verhältnisse des Benutzers, etwa wenn amtliche Beziehungen zur Eidgenossenschaft oder zu einem Kanton vorgetäuscht werden. Eine tatsächliche geschehene Täuschung ist somit nicht erforderlich. Der werbende Gebrauch von einem Ausländer, der im Ausland niedergelassen ist, wird von Gesetzes wegen per se als sittenwidrig betrachtet (Art. 3 Abs. 2 Ziff. c WSchG; vgl. dazu den Unterschied zum zulässigen dekorativen Gebrauch). In der Praxis handhabt das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) diesen werbenden Gebrauch einzelfallweise (grosszügiger) und beurteilt die Verwendung des Kreuzes durch einen Ausländer nicht per se als unzulässig. So darf beispielsweise ein im Ausland niedergelassener Ausländer mit dem Schweizer Kreuz Werbung machen, wenn die beworbenen Waren ausschliesslich schweizerischer Herkunft sind. Dem-gegenüber darf er das Schweizer Wappen nicht für andere (eigene) Zwecke verwen-den.
Sanktionen
Weder das IGE noch eine andere Amtsstelle ist befugt, Bewilligungen für den Gebrauch des Schweizerkreuzes oder anderer öffentlicher Wappen zu erteilen oder zu verweigern. Für die Beurteilung von Zuwiderhandlungen des WSchG sowie für die Verfolgung sind allein die kantonalen Gerichte zuständig (Schweizerisches Patent-, Muster- und Markenmerkblatt vom 30. Januar 1981). Diese müssen entscheiden, ob im konkreten Fall eine unbefugte Benutzung vorliegt oder nicht. Dabei sind die Gerichte in keiner Weise an die Auffassungen des IGE oder einer anderen Amtsstelle gebunden. Die Strafbestimmungen von Art. 13 WSchG sieht bei der vorsätzlichen Zuwiderhandlung vor, dass der Täter mit Busse bis zu Fr. 5‘000.- oder mit Gefängnis bis zu 2 Monaten bestraft wird. Diese Strafen können verbunden werden und bei Rückfälligen ist sogar eine Verdoppelung der Strafe möglich. Der strafrechtlichen Weg ist für den geschädigten Dritten insoweit ungünstig, als das Verfahren ganz im Belieben der strafuntersuchenden Behörde liegt. Günstiger, aber auch aufwändiger ist der Zivilprozess. Der geschädigte Mitbewerber kann mittels Unterlassungs-, Beseitigungs- und Feststellungsklage vorgehen sowie Schadenersatz verlangen. Wobei hier festzuhalten ist, dass der Geschädigte für den Schaden beweispflichtig ist. Ein solcher Beweis ist nicht leicht zu erbringen. Ein zusätzliches Risiko sind die hohen Kosten, die dabei entstehen können.
Abschliessend sei erwähnt, dass in der Praxis das Kreuz meist mit einem oder mehreren Zusätzen verbunden wird. Sollte dies in Form von „Made in Switzerland“ oder „Swiss made“ geschehen, stellen sich weitere Probleme, da der Gebrauch von Herkunftsangaben gemäss MSchG, UWG, Lebensmittelgesetz (LMG) und der „Swiss-made Verordnung“ (Verordnung über die Benutzung des Schweizer Namens für Uhren) unter gewissen Voraussetzungen unzulässig ist (Wahrheitsgebot).
Zur Benützung des Schweizer Kreuzes
Gesetzliche Grundlagen in der Schweiz
Bundesabschluss betreffend das eidgenössische Wappen
vom 12. Dezember 1889 (SR 111)
Bundesgesetz zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher
Zeichen vom 5. Juni 1931 (WSchG / SR 232.21)
Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (MSchG)
vom 28. August 1992 (SR 232.11)
Schweizer Kreuz als Bestandteil einer Marke
Unzulässig für Warenmarke. Ausnahmen: Gemeinwesen oder Unternehmen des Gemeinwesens, keine Verwechselbarkeit mit dem Schweizer Kreuz (Stilisierung oder Farbanspruch)
Zulässig für Dienstleistungsmarken, in der Werbung (für Anzeigen, Prospekte, Geschäftspapiere im Internet, sofern nicht täuschend, und zulässig auch zu dekorativen Zwecken
- Typische Souvenirartikel
- Verwendung des Wappens ist durch den Zweck der Ware nahe liegend
- Gedenkartikel (Medaillen, Festabzeichen, Jubiläumsgegenstände)