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Raserdelikte: Mehr Ermessensspielraum für mildere Strafen

Wer rast, riskiert nicht nur Menschenleben, sondern auch seine Freiheit. In der Schweiz gelten Raser/innen seit Jahren als Verbrecher. Das Gesetz sieht zwingend eine Freiheits- oder Geldstrafe sowie einen Führerausweisentzug vor.

Gemäss Schweizer Strassenverkehrsgesetz (Art. 90 Abs. 3 SVG) gilt als Raser/in, wer vorsätzlich das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht. Verfolgt werden nebst massiven Tempoüberschreitungen (z.B. mind. 60 km/h zu schnell bei einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h) unter anderem auch gefährliche Überholmanöver und illegale Rennen. Solche Taten werden grundsätzlich mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren und einem Führerausweisentzug von mindestens zwei Jahren bestraft. Für die Wiedererteilung des Ausweises braucht es in der Regel eine Fahreignungs-Untersuchung. Wer wiederholt rast, verliert den Ausweis für mindestens zehn Jahre.

Seit 2023 erlaubt das Gesetz (Art. 90 Abs. 3ter SVG) unter bestimmten Voraussetzungen mildere Strafen – etwa, wenn der Täter / die Täterin noch nie ein schweres Verkehrsdelikt begangen oder aus „achtenswerten Gründen“ gehandelt hat. Das Gericht kann dann eine Geld- statt einer Freiheitsstrafe und einen verkürzten Führerausweisentzug verhängen.

Im Fall des Leitentscheids 6B_1372/2023 des Bundesgerichts vom 13. November 2024 gelangte die Staatsanwaltschaft ans oberste Gericht und machte geltend, Art. 90 Abs. 3ter SVG setze voraus, dass der Lenker tatsächlich einen tadellosen automobilistischen Leumund während zehn Jahren aufweise. Auf junge Lenker, die erst seit einigen Jahren über einen Führerausweis verfügen würden, sei die Regelung nicht anwendbar. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab und stellte klar: Auch Neulenker können von der Milderung der Strafen profitieren, obwohl sie den Führerausweis noch keine zehn Jahre besitzen.

Raserei bleibt ein Verbrechen mit gravierenden Konsequenzen. Doch die Entwicklung der letzten Jahre zeigt: Auch in schweren Fällen darf differenziert beurteilt werden.


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