Stellen Sie sich vor, der Kühlschrank Ihrer Mietwohnung geht ohne Ihr Verschulden kaputt. Die Vermieterin macht keine Anstalten, den Kühlschrank zu reparieren oder zu ersetzen. Was tun? Reduzieren Sie keinesfalls eigenmächtig den Mietzins! Auch vom Zurückbehalten der Mietzinszahlungen ist dringend abzuraten. Stattdessen haben Sie eine andere Möglichkeit: Die amtliche Mietzinshinterlegung.
Voraussetzung dafür ist, dass ein erheblicher Mangel am Mietobjekt vorliegt, den der Mieter nicht verschuldet hat. Erheblich ist ein Mangel, wenn eine Fachperson zu dessen Behebung beigezogen werden muss. Weiter wird vorausgesetzt, dass die Vermieterin den Mangel nicht beseitigt, obwohl sie dazu verpflichtet wäre. Zunächst hat der Mieter ein Schreiben an die Vermieterin zu adressieren, in dem er den Mangel schildert und ihr eine angemessene Frist setzt, um diesen zu beheben. Damit verbinden muss er die Androhung, der Mietzins werde amtlich hinterlegt, sollte der Kühlschrank nicht innert Frist instandgestellt werden.
Behebt die Vermieterin den Mangel innerhalb der Frist nicht, kann der Mieter den nächsten Mietzins vor dessen Fälligkeit amtlich hinterlegen lassen. Im Kanton St. Gallen ist die Gemeindeverwaltung am Ort des Mietobjekts zuständig. Der Mietzins kommt auf ein Sperrkonto und gilt als bezahlt. Die Mietzinshinterlegung hat somit eine sogenannte «befreiende Wirkung». Nach der Hinterlegung hat der Mieter 30 Tage Zeit, um bei der zuständigen Schlichtungsbehörde am Ort des Mietobjekts schriftlich die Behebung des Mangels zu beantragen. Die Schlichtungsbehörde informiert daraufhin die Vermieterin über das hängige Verfahren und setzt den Termin für die Schlichtungsverhandlung an. Kontaktiert der Mieter die Schlichtungsbehörde nicht innerhalb der 30 Tage, fällt der hinterlegte Mietzins direkt vom Sperrkonto an die Vermieterin.
Aber Vorsicht, dieses Vorgehen birgt auch Risiken: Wenn der Mieter den Mietzins zu Unrecht – zum Beispiel, weil er einen kleinen Mangel bis ca. 150 Franken selbst hätte beheben müssen – oder bei der falschen Stelle hinterlegt, tritt die «befreiende Wirkung» nicht ein. Das bedeutet, der Mietzins gilt als nicht bezahlt und der Mieter gerät in Zahlungsverzug. Dies kann dazu führen, dass die Vermieterin dem Mieter ausserordentlich kündigt.
Bei der Mietzinshinterlegung ist die korrekte Vorgehensweise entscheidend, um unerwünschte Konsequenzen zu vermeiden. Wenn Ihr Kühlschrank das nächste Mal streikt, bewahren Sie also am besten einen kühlen Kopf.
Von MLaw LL.M. Marina Graf, publiziert in der Linth Zeitung und im Sarganserländer