Grundsätzlich kann eine Arbeitgeberin / ein Arbeitgeber eine/n Arbeitnehmende/n mit langjähriger Betriebszugehörigkeit unabhängig von ihrem/seinem Alter jederzeit kündigen. Gerade ab einem gewissen Alter kann eine solche Kündigung die/den Arbeitnehmende/n vor grosse Herausforderungen stellen. So ist es oft schwierig, kurz vor der Pensionierung eine neue Stelle zu finden, und wenn diese nicht gefunden wird, drohen Einbussen bei der Rente. Es stellt sich daher die Frage, ob ältere Arbeitnehmende mit langer Betriebszugehörigkeit im Falle einer Kündigung einen erhöhten Kündigungsschutz besitzen.
Im Gesetz sucht man mit wenigen Ausnahmen vergeblich nach Ausnahmeregelungen für ältere Arbeitnehmende mit langer Betriebszugehörigkeit, weshalb auf die Rechtsprechung zurückgegriffen werden muss. Beabsichtigt die Arbeitgeberin / der Arbeitgeber eine ältere Arbeitnehmende / einen älteren Arbeitnehmenden zu entlassen, so muss die Arbeitgeberin / der Arbeitgeber gemäss Bundesgerichtsurteil 4A_384/2014 vom 12. November 2014 (1) die/den Arbeitnehmende/n rechtzeitig über die Kündigungsabsicht informieren, (2) sie/ihn anhören, (3) anschliessend nach Lösungen suchen, die eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen, und (4) sie/ihn (bei schlechter Leistung oder mangelhaftem Verhalten) eindringlich auf die Folgen ihres/seines Unterlassens hinweisen und ihr/ihm unter Ansetzung einer Frist und Vereinbarung von Zielen eine letzte Chance geben, ihre/seine Aufgaben in genügendem Masse zu erfüllen. Werden dies Schritte nicht unternommen, liegt eine missbräuchliche Kündigung vor und die/der Arbeitnehmende hat Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen.
Dieser Entscheid und die damit verbundene pauschale Rücksichtnahme auf alle älteren Arbeitnehmenden ging dem Bundesgericht in der Folge zu weit, weshalb der Entscheid eingeschränkt wurde. Zwar ist das Bundesgericht auch in der jüngsten Rechtsprechung der Auffassung, dass ältere Arbeitnehmende mit langer Betriebszugehörigkeit einen erhöhten Kündigungsschutz bedürfen, jedoch soll dieser Kündigungsschutz nicht für Arbeitnehmende in einer leitenden Stellung oder Arbeitnehmende, welche über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig sind, gelten.
Trotz dieser Konkretisierung besteht in diesem Bereich weiterhin Rechtsunsicherheit. So ist bislang unklar, ab welchem Alter und ab welcher Betriebszugehörigkeit von einer langjährig beschäftigten älteren Arbeitnehmerin / von einem langjährig beschäftigten älteren Arbeitnehmer auszugehen ist. Unklar ist auch, ab wann jemand als leitende/r Angestellte/r gilt. Hier wird auch in Zukunft eine Einzelfallprüfung erforderlich sein.