Fast unbemerkt von der Branche sind die Werbevorschriften für alkoholfreies Bier faktisch verschärft worden. Werbung für alkoholfreie Getränke ist zwar grundsätzlich erlaubt, auch in nationalen und sprachregionalen Programmen der in- und ausländischen Veranstalter, jedoch dürfen sie keine Gestaltungselemente aus der Werbung für die alkoholischen Getränke enthalten. Das alkoholfreie Produkt muss eindeutig im Vordergrund stehen.
Das neue Radio- und Fernsehgesetz (in Kraft seit 1. April 2007) verbessert zwar punktuell die Rahmenbedingungen für private Programmveranstalter. So werden etwa die Bestimmungen über die Unterbrecher- und die Alkoholwerbung gelockert. In lokalen und regionalen Fernsehprogrammen (Art. 10 Abs. 1 Bst. c RTVG) ist Werbung für Bier, Wein und Obstwein (nicht aber für Spirituosen) erlaubt. Weiterhin verboten bleibt die Alkoholwerbung jedoch in allen Programmen der SRG und der ausländischen Sender mit nationaler oder sprachregionaler Verbreitung.
Heikle Aufgabe für publisuisse
Publisuisse als exklusive Vermarkterin der Radio- und Fernsehprogramme der SRG SSR idée suisse hat bereits seit einiger Zeit für diverse Werbeauftraggeber Werbekampagnen für die Produkte „alkoholfreies Bier“ eingeplant. Die Werbekampagnen erstrecken sich bis in den Sommer 2007. Gemäss Art. 16 Abs. 4 RTVV darf Werbung für ein alkoholfreies Produkt in Programmen, die einem Werbeverbot für alkoholische Getränke unterliegen (insbesondere bei den SRG-Programmen), keine Werbewirkung für alkoholhaltige Getränke erzeugen. Wann aber erzielt Werbung für Non-Alkoholika Werbewirkung für das Alkoholika? Das BAKOM sagt: Es müssen sich Handlung, Aussagen zum Produkt und zum Hersteller, Gestaltungselemente, Hintergründe und Personen von jenen unterscheiden, welche in der werblichen Kommunikation für alkoholhaltige Getränke desselben Herstellers verwendet werden.
Was ist zu prüfen seit 1. April 2007?
In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob die in den Spots verwendeten Kampagnen auch für alkoholhaltiges Bier eingesetzt werden (z.B. im Kino, auf Plakaten etc.). Wenn dies der Fall ist, darf der Spot nicht für alkoholfreies Bier verwendet werden. Eine TV-Kampagne für alkoholfreies Bier darf nicht im gleichen oder ähnlichen Stil auch für alkoholhaltiges Bier eingesetzt werden. Mit anderen Worten: Das blosse By-Line oder ein Disclaimer à la „Werbung für alkoholfreies Bier“ genügt nicht, wenn der gleiche Spot auch für alkoholhaltiges Bier eingesetzt wird.
Zwar ist es den Brauereien auch in Zukunft möglich, die real existierenden Utensilien des alkoholfreien Produkts in TV-Werbespots einzusetzen (Logo des alkoholfreien Produkts, Fläschchen des alkoholfreien Produkts etc.). Das alkoholfreie Produkt muss jedoch eindeutig im Vordergrund stehen, d.h. der TV-Spot darf insgesamt vom Publikum nicht als Imagewerbung für das ganze Unternehmen (z.B. Feldschlösschen, Carlsberg usw.) empfunden werden. In einem Rundschreiben hält die publisuisse fest: „Trotz der Dauereinblendung „alkoholfrei“ sind nach neuem Recht die TV-Spots von Feldschlösschen (Feldschlösschen Frische-Kampagne SUISA Nr. 183179 oder 183181), welche das Feldschlösschen Areal von aussen zeigen und bei welchen sich danach ein wesentlicher Teil des Feldschlösschen-Spots in der Brauerei abspielt, unzulässig. Gemäss den Behörden steht bei der „Feldschlösschen-Frische-Kampagne“ bzw. bei diesen TV-Spots nicht das Produkt, sondern das Unternehmen Feldschlösschen im Vordergrund“.
Eichhof-Werbung zulässig
Demgegenüber spielt Eichhof-Spot für alkoholfreies Bier (SUISA Nr: 168001 oder 168002) nicht auf das Unternehmen/die Brauerei im allgemeinen an und kann weiterhin ausgestrahlt werden. Das BAKOM hat den werbetreibenden Brauereien gemäss Mitteilungen der publisuisse eine Übergangsfrist gewährt: „Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass die Ausstrahlungsverträge nicht gerade letzthin abgeschlossen wurden“. In der Praxis hat sich gezeigt, dass sich Werbespots für alkoholhaltiges bzw. alkoholfreies Bier oft kaum unterscheiden, und dass das beworbene alkoholfreie Produkt selbst während des Ausstrahlungszeitraums des Werbespots im Handel kaum erhältlich war. Gemäss Art. 16 Abs. 4 RTVV muss das beworbene alkoholfreie Produkt im Handel erhältlich sein. Mit dieser Norm soll eine Umgehung des Alkoholwerbeverbotes verhindert werden. Wo genau die Grenze zwischen erlaubter Produkte-Werbung für alkoholfreie Getränke und unerlaubtem Imagetransfer auf das ganze Unternehmen verläuft, kann niemand verbindlich feststellen. Die Beurteilung des Einzelfalles bleibt den Behörden vorbehalten. Das ist der Rechtssicherheit keineswegs förderlich und der Kreativität auch nicht.
Bruno Glaus ist Rechtsanwalt in Uznach
Gesetzliche Grundlage: Radio- und Fernsehverordnung
Art. 16 Werbung für alkoholische Getränke
(Art. 10 Abs. 1 Bst. b und c RTVG)
1 Die Ausgestaltung der Werbung für alkoholische Getränke hat folgende Regeln zu beachten:
a. Werbung für alkoholische Getränke darf sich nicht eigens an Minderjährige richten.
b. Niemand, der das Aussehen eines Minderjährigen hat, darf mit dem Konsum alkoholischer Getränke in Zusammenhang gebracht werden.
c. Der Konsum von alkoholischen Getränken darf nicht mit körperlicher Leistung oder mit dem Lenken von Fahrzeugen in Verbindung gebracht werden.
d. Alkoholischen Getränken darf keine therapeutische, anregende oder beruhigende Eigenschaft zugesprochen werden und sie dürfen nicht als Mittel zur Lösung persönlicher Probleme dargestellt werden.
e. Werbung für alkoholische Getränke darf nicht zum unmässigen Konsum von Alkohol ermutigen oder Abstinenz oder Mässigung in einem negativen Licht erscheinen lassen.
f. Der Alkoholgehalt darf nicht betont werden.
2 Vor, während und nach Sendungen, die sich an Kinder oder Jugendliche richten, darf keine Werbung für alkoholische Getränke ausgestrahlt werden.
3 Verkaufsangebote für alkoholische Getränke sind unzulässig.
4 In Programmen, die einem Werbeverbot für alkoholische Getränke unterliegen, darf Werbung für ein alkoholfreies Produkt keine Werbewirkung für alkoholhaltige Getränke erzeugen. Namentlich müssen sich Handlung, Aussagen zum Produkt und zum Hersteller, Gestaltungselemente, Hintergründe und Personen von jenen unterscheiden, welche in der werblichen Kommunikation für alkoholhaltige Getränke desselben Herstellers verwendet werden. Das beworbene Produkt muss im Handel erhältlich sein.
von Dr. iur. Bruno Glaus