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Drum prüfe, wer sich vertraglich bindet

Ganz schön kompliziert, was in einem Grundstückkaufvertrag so alles drin steht. Der Vertragstext geizt nicht mit juristischen Ausdrücken wie «Besitzesantritt», «Grundlasten» oder «solidarische Haftung». Auch ein Verweis auf den sicherlich allseits bekannten Anhang Ziffer 3 der Verordnung über elektronische Niederspannungsinstallationen ist enthalten. Häufig wird sodann die Sachgewährleistung des Verkäufers «im gesetzlich zulässigen Rahmen» wegbedungen.

Für juristische Laien keine einfache Kost. Folgerichtig ist der Grundbuchverwalter zur Belehrung der Parteien insbesondere über den rechtlichen Inhalt und die Bedeutung der Urkunde verpflichtet. Problem gelöst? Die Praxis zeigt: Nein. Regelmässig werden Kaufverträge unterschrieben, deren Inhalt weder der Käufer- noch der Verkäuferschaft umfassend klar ist. Kommt es zum Streit, darf man sich nachträglich vom Gericht über den Vertragsinhalt belehren lassen. So etwa über die Tragweite des Haftungsausschlusses, wenn das gekaufte Haus nicht über die nötigen Baubewilligungen verfügt. Oder über die Massgeblichkeit des Strassenplans, wenn dem Nachbar mit Verweis auf ein fehlendes Wegrecht die Durchfahrt versperrt wird. Ein Besuch beim Gericht ist sicherlich interessant, aber doch nicht jedermanns Sache. Deshalb dürfte es sich da und dort lohnen, den Kaufvertrag vor der Unterzeichnung einer eingehenden Prüfung zu unterziehen.

Verschweigt die Verkäuferin dem Käufer arglistig ihr bekannte Mängel oder sichert sie gar Mängelfreiheit zu, kann sie sich nicht auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen. Dasselbe gilt in Bezug auf Mängel, die gänzlich ausserhalb dessen liegen, womit ein Käufer vernünftigerweise rechnen muss. Und auch für Mängel, welche den wirtschaftlichen Zweck des Geschäfts erheblich beeinträchtigen, liess das Bundesgericht den Haftungsausschluss bisweilen nicht gelten. Für die Verkäuferin empfiehlt es sich deshalb, nicht blind auf den Haftungsausschluss zu vertrauen. Eine Bekanntgabe zumindest der relevanten Mängel läge auch in ihrem Interesse. Dies kann beim Fehlen einer Baubewilligung durchaus der Fall sein.

Im erwähnten Nachbarschaftsstreit dürfte der Käufer den Hinweis im Kaufvertrag, wonach «nicht alle öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen aus dem Grundbuch hervorgehen» nicht einzuordnen gewusst haben. Deshalb hat er auch übersehen, dass eine Teilfläche des Grundstücks als Strasse oder Weg klassiert und damit unabhängig von einem Wegrecht der Allgemeinheit zugänglich ist. Auch das wäre vermeidbar gewesen.

 

Von MLaw Severin Gabathuler, publiziert in der Linth Zeitung, im Sarganserländer und im Werdenberger&Obertoggenburger