Bildrechte und Abgebildetenrechte sind zweierlei. Wer Bilder bei Fotoagenturen einkauft, kauft urheberrechtliche Nutzungsrechte ein, selten aber "Reproduktionsrechte" der Abgebildeten.
Vizedirektor B. hatte an der Streetparade 1997 teilgenommen, wurde fotografiert, erschien im Sonntags-Blick, landete daraufhin - alles völlig korrekt - im Bildarchiv und wurde dort anständig verwaltet. Zwei Jahre später, suchte eine Fachzeitschrift "Illustrationsmaterial" zum Thema "Kreativität und Kommunikation". Als mögliches "Material" lieferte das Archiv auch den Vizedirektor in Streetparade-Aufmachung und lockerer Pose an. Prompt fiel die Wahl auf den bunten Vogel, der sich so, zwischenzeitlich zum Direktor befördert, auf dem Cover einer Zeitschrift wieder fand. Nun aber war das Bild zur Illustration eines Fachthemas ausgewählt worden. Das Archivfoto hatte man beim Verlag angefordert und dafür bezahlt.
Das ist kein Einzelfall, wie die zweite Episode beweist: Die Luzerner Familie X. hatte am Zürcher Stadtlauf teilgenommen, wurde fotografiert und erschien einige Tage später in einer Zeitung. So weit so gut. Alles korrekt. Familie X. landete im Bildarchiv des Verlags und der Fotoagentur. Auch dies ist keineswegs zu beanstanden. Doch: Zwei Jahre später findet sich die Familie in einer Abstimmungszeitung wieder. Sie "wirbt" für die Sozialversicherungs-Position einer politischen Partei. Niemand ist gefragt worden. Familie X. wirbt für eine Partei-position, die ihr keineswegs nahesteht. Sie beschwert sich bei der Partei, diese bei der Werbeagentur, diese verweist auf die Bildagentur....... Man habe doch die "Bildrechte" eingekauft.
Das Recht des Fotografen und .....
Wieder einmal werden die "Bildrechte" mit den Rechten der Abgebildeten verwechselt. Bildrechte, wie es im Volksmund heisst, sind urheberrechtliche Nutzungsrechte. Die Agentur verspricht, dass der Fotograf mit der vereinbarten Nutzung einverstanden ist. So heisst es beispielsweise in den Vertragsbedingungen von Keystone zum Zugriffsrecht auf Keystone Online: "Das Verwendungsrecht gilt für die einmalige Nutzung des Bildmaterials für den bei Bestellung der Bilder angegebenen Verwendungszweck; grundsätzlich gilt das Verwendungsrecht für die einmalige Nutzung des Bildmaterials für Pressezwecke in dem von Ihnen genannten Medium; jede anderweitige Verwendung, insbesondere für Werbezwecke ist nur aufgrund einer speziellen Vereinbarung zulässig. Die Verwendung in elektronischen Medien wie z.B. dem INTERNET etc., ist nicht erlaubt und ist nur bei einer vorhergehenden Absprache möglich (-) Bei der Verwendung des Bildmaterials ist der Urheberrechtshinweis "KEYSTONE/ev. Agentur/Fotograf" etc. bei jeder Bildverwendung anzugeben."
....... das Recht am eigenen Bild
Mit dem Nutzungsrecht kaufen Keystone-Kunden allerdings noch keine Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten ein. Das Recht am eigenen Bild der Familie X. aus Luzern ist nicht Teil des Urheberrechts (des Fotografen), sondern ein eigenständiges Persönlichkeitsrecht. Auch Abgebildete, die an öffentlichen Anlässen rechtmässig fotografiert wurden, dürfen lediglich im gleichen redaktionellen Kontext noch einmal veröffentlicht werden, nicht aber zu politischen oder kommerziellen Werbezwecken verwendet werden ohne ihre Einwilligung. Nur in den seltensten Fällen haben Presse-Fotografen umfassende "Abgebildeten-Rechte" - auch zu Werbezwecken - eingeholt. Das macht die Arbeit von Werbeagenturen nicht leicht.
Öffentlicher Auftritt ist nicht Zustimmung
Ein öffentlicher Auftritt an einem Sport-Anlass schliesst zwar ein überwiegendes Interesse der Medien ein, Bilder von diesem Anlass zu aktueller Berichterstattung zu verwerten. Gegen die Bildveröffentlichung im redaktionellen Teil können sich die Teilnehmer nicht zur Wehr setzen. Genau gleich verhält es sich bei Demonstrationen. Demonstranten nehmen die Berichterstattung in aktuellen Medien mit Text und Bild als "Lebensrisiko" in Kauf. Als Abgebildete können sie in einem Archiv abgelegt und zu gleichen redaktionellen Zwecken allenfalls noch einmal verwendet werden. Mehr aber nicht. Zu weiteren Verwendungszwecken müssen sie sich nicht hergeben. Weder die Familie X. noch Prominente. Alle haben ein Recht am eigenen Bild. Das nicht zu verwechseln ist mit dem Bildrecht des Fotografen.
Was tun? Im Zweifelsfall neu!
Beim Bildereinkauf für Werbung müssen Agenturen deshalb darauf achten, dass die Fotoagentur auch Rechtsgewähr für die Abgebildeten übernehmen kann. Das hiesse: Die Agentur steht dafür ein, dass die Abgebildeten (und nicht nur der Fotograf) einverstanden sind mit dem Verwendungszweck. Allerdings wird die Bildagentur nur in seltenen Fällen diese Gewissheit haben, weil Abgebildete höchst selten zum Voraus in jeglichen Verwendungszweck einwilligen. Deshalb wohl steht kein Wort zu den Persönlichkeitsrechten von Abgebildeten in den Verträgen mit den Archiv-Verwaltern. Dafür geben Bild-Agenturen in der Regel keine Gewähr. Es sei denn, dies sei ausdrücklich von der Werbeagentur ausgehandelt worden.
Auszug aus den Allgemeinen GESCHÄFTSBEDINGUNGEN FÜR BEZUG UND VERWENDUNG VON BILDERN AB DIGITALER DATENBANK VON KEYSTONE
F) RECHTE AN DEN BILDERN / HAFTUNG
1. KEYSTONE weist darauf hin und der Kunde nimmt zur Kenntnis, dass KEYSTONE den Kunden in jedem Fall nur ein Recht auf Verwendung der Bilder einräumt. Diese Einschränkung gilt insbesondere für Bildvorlagen, die vom Bildinhalt her weiteren Urheberrechten und/oder anderen Persönlichkeitsrechten unterliegen (z.B. Abbildungen von Kunstwerken, Personen usw.). Der Kunde ist verpflichtet, die entsprechenden Rechte selber einzuholen, wobei ihn KEYSTONE im Rahmen eines separaten schriftlichen Auftrags und gegen entsprechende Vergütung des Aufwandes unterstützen kann.
2. Der Kunde trägt in jedem Fall die volle Verantwortung für die Veröffentlichung bzw. Verbreitung eines Bildes. KEYSTONE lehnt jede Haftung - insbesondere bei der Verletzung des Persönlichkeitsschutzes oder der Rechte Dritter - ab.
Wo die Bildagentur für Persönlichkeitsrechte nicht Gewähr leisten kann, ist im Zweifelsfall zu empfehlen, neues Bildmaterial nachzustellen mit Zustimmung der abgebildeten Personen. Wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bildagenturen deutlich machen (siehe Kasten) kann vom Begriff "lizenzfrei", nicht auf Persönlichkeitsrechte geschlossen werden. Keystone schreibt: "Lizenzfrei bedeutet, dass der Preis eines Bildes unabhängig von seiner Verwendung und Auflage ist. Einmal gekauft, können die Bilder beliebig oft für eigene Zwecke genutzt werden, wie z.B. im Internet, für Online- und Multimedia-Design, bei Werbekampagnen und auf Verkaufsaktionen, Präsentationen und Broschüren, auf Buchumschlägen und Buchseiten. Sie können aber auch Abzüge für die private Verwendung bestellen. Die Lieferung erfolgt per Download, die Bezahlung per Kreditkarte." Mit einem Freipass bezüglich Persönlichkeitsrechten von Abgebildeten hat dies nichts zu tun.
von Dr. iur. Bruno Glaus