Sich anschleichen von hinten – Veranstalter haben keine Freude. Auch die Sponsoren ärgern sich. „Ambushing“ ist zum Aergernis geworden. Rechtmässig ist das Trittbrettfahren selten.
„Ambusher“ sind Trittbrettfahrer. Findige „Nischenplayer“ machten den Anfang. Sie überraschten die grossen Marketing-Strategen und erwischten sie auf dem Standbein. Doch heute sind sich auch die Grossen und Grössten nicht mehr zu fein, um sich mit Ambushing-Strategien an die Vorleistungen von anderen heranzuschleichen – dies die nüchterne Feststellung der Sponsoring-Fachfrau Elisa Bortoluzzi Dubach.
Ambusher schleichen sich an Grossevents heran. Sie kaufen 100 Tickets und laden Ihre Kunden zum Konzert ein (das ist legal), gleichzeitig aber verteilen sie ihren Gästen T-Shirts mit dem Konzert-Label (das kann illegal sein). Ambusher mieten einen Kran neben dem Stadion und hängen ein Plakat auf mit dem Slogan: „SCB – stark wie wir!“ (ein problematischer Imagetransfer!)
Rufausbeutung und Irreführung
Elisa Bortoluzzi Dubach teilt die heute gängigen Formen von Ambushing in fünf verschiedene Strategien ein:
1. Man deckt einen Anlass medial derart penetrant unternehmensbezogen ab, dass die Konsumenten glauben, man sei Sponsor Nummer 1.
2. Man wird nur Sponsor einer Teilveranstaltung, tritt aber so agressiv auf, dass jedermann denkt, man sei der Hauptsponsor.
3. Man unterstützt nur einzelne Spieler oder Darsteller und arbeitet mit diesen Teilrechten so intensiv, dass der effektive Hauptsponsor daneben verblasst.
4. Man lässt eine eigene Werbekampagne laufen, die thematisch derart auf einen Anlass (z.B. die markenrechtlich registrierte „Streetparade“) ausgerichtet ist, dass man sich ein eigenes Sponsoring sparen kann.
5. Man entwickelt einfallsreiche und phantasievolle Strategien, die die offiziellen Sponsoren oder Veranstalter überlisten.
Schlag ins Gesicht der Sponsoren
Zahlreiche Beispiele belegen, dass die Ambush-Aktivitäten in ihrer Wirkung jene der offiziellen Sponsoren bei weitem übertreffen. Andere organisieren und finanzieren – Ambusher profitieren. Ambush-Marketing ist „ein Schlag ins Gesicht der Sponsoren“ (Daniel Gundelfinger im Interview Elisa Bortoluzzi Dubach). Wer sich vor Abschluss eines Sponsoring-Vertrags nicht kundig macht, zieht einen Schuh voll Unbill und Imageschaden heraus. Auch hier ist präventiver Beizug von Fachanwälten allemal kostengünstiger als nachträgliche Schadensregulierung.
Unlauterer Wettbewerb
Nicht jede Form von Ambushing ist allerdings legal. Ambushing kann unrechtmässige Namens- oder „Prominenzausbeutung“ (Persönlichkeitsverletzung) sein, aber auch unlauterer Wettbewerb im Sinne des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Rufausbeutung durch Anlehnung kann offen oder versteckt sein. Die offene Anlehnung erfolgt durch eine gleichstellende Bezugnahme zum Zwecke der Empfehlung der eigenen Ware. Sie wird mit den Slogans angepriesen wie „So gut wie...“. Eine Ausdrückliche Nennung des Vergleichsprodukts ist nicht erforderlich, die Bezugnahme kann auch konkludent aus den Umständen hervorgehen (Baudenbacher, Lauterkeitsrecht, Art. 3 lit.e N 83). Versteckte Anlehnung liegt vor, indem einzelne bekannte Merkmale eines Produkts übernommen oder planmässig-schmarotzerisch angeeignet werden – der Verletzer schleicht sich gleichsam versteckt an die fremde Marke oder das fremde Kennzeichen heran (z.B. Goldhändchen statt Goldfinder, aber mit nahezu gleicher Illustration wie aus dem markenrechtlich geschützten Film „Goldfinger“).
Problematischer Imagetransfer
Eine moderne Form der versteckten Annäherung ist auch die weitgehend ähnliche Aufmachung mit marken- oder designrechtlich nicht geschützten (oder noch nicht geschützten) Produkten. Auch die rufmässige Ausbeutung brancherfremder Produkte für die eigene Leistung kann unlauter sein. Es wird die fremde Leistung (z.B. das gute Weinlabel) als Werbemittel missbraucht und auf die eigene Leistung übertragen - die Rufausbeutung erfolgt dergestalt, dass der Prestige- oder Werbewert eines fremden Produkts durch Image-Transfer auf das eigene Produkt ausgenutzt wird (Baudenbacher N 91).
Paradebeispiel für eine Rufausbeutung im engeren Sinn: Auf dem Whisky-Markt ist mein Whisky, was der Rolls-Royce im Auto-Markt. Solche Querbezüge sind allerdings erst unlauter im rechtlichen Sinn, „wenn sie über das für einen sachlichen Vergleich erforderliche Mass hinausgehen“, wenn sie „unnötig anlehnend“ sind (Baudenbacher N 95). Es kann deshalb nicht gesagt werden, wer fremde Ware als Vorspann benutze, handle unlauter. Massgebend ist vorallem, ob eine identische Zielgruppe angesprochen wird. Unnötig anlehnend sind in der Regel alle positiven Bezugnahmen, die zur angemessenen Aufklärung der Abnehmer des eigenen Produkts nicht erforderlich sind und auf eine ähnliche Zielgruppe aus sind. Erlaubt ist eine Anlehnung dann, wenn sie zur Markttransparenz beiträgt und nach Form und Inhalt auf ein erforderliches Mass beschränkt ist.
Indes: Letztlich kann kein Jurist haarscharf festlegen, wo die Unlauterkeit beginnt. Jeder Einzelfall muss – unter Berücksichtigung der erwähnten Kriterien - beurteilt werden, ob eine Anlehnung unlauter ist. Auch unser Rechtssystem nähert sich dem angelsächsischen Case-law an. In der Schweiz muss aber nicht gleich ans Gericht gelangen, wer sich gegen Ambushing zur Wehr setzen will: Eine Beschwerde bei der Lauterkeitskommission kann durchaus Signalwirkung haben. Es werden keine Verfahrenskosten erhoben und der Entscheid liegt innert weniger Monate vor (mehr Informationen dazu unter www.lauterkeit.ch).
Hyperlinks sind legal
Auszug aus Baudenbacher, Lauterkeitsrecht, Art.3 lit.e N 118ff.
„Links verkörpern das Wesen des www. Wer sich und sein Unternehmen im Internet präsentiert, weiss und will, dass andere Internet-Teilnehmer durch Links auf seine eigene Präsentation verweisen. Dagegen kann er sich deshalb im Grundsatz nicht zur Wehr setzen. Anderes gilt nur ausnahmsweise.....wenn etwa fremde Informationsdienstleistungen so an die eigene Homepage angebunden werden, dass der Benutzer nicht erkennt, dass die von ihm in Anspruch genommene Leistung gar nicht von dem Inhaber der angezeigten URL erbracht wird. Möglich ist das insbesondere bei der Verwendung von sog. „frames“. (Anmmerkung: Baudenbacher hält auch die virtual malls, die digitalen Kaufhäuser, für rechtlich unproblematisch.).
von Dr. iur. Bruno Glaus