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Alle dürfen werben – Aber nicht alle „aufdringlich!“.

Gute Zeiten für Agenturen: Alle Berufsgattungen dürfen werben. Das gilt zwischenzeitlich sogar für Anwälte und noch seriösere Berufsstände, die wissenschaftlichen Berufe. Auch Spielbanken und weniger verspielte Banken dürfen werben. Nur: Sie alle dürfen nach den Standesregeln oder nach Gesetz nicht „aufdringlich“ werben. „Aufdringlich“, das klingt nach Belästigung. Und so ist es auch gemeint.

 

Zum Schutz von „Polizeigütern“ und der mehr oder weniger klar umschriebenen Konsumenteninteressen unterliegt ein Teil der Wirtschaftswerbung Einschränkungen. Anwälte können nach Gesetz nur „Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht“. In der Praxis wird diese hehre Formel so ausgelegt, dass dem Anwalt reklamehafte Konzepte untersagt sind. Verboten sind stupide Wiederholungen und massive, „aufdringliche“ Beeinflussungsversuche (Fellmann/Zindel, Kommentar zum Anwaltsgesetz Art. 12 N 115). Auch Anwälten ist es aber erlaubt, zu Seminarveranstaltungen mit Mittagessen einzuladen und jede andere Art von zielgruppenorientierter Werbung mit Rundschreiben, Empfehlungsschreiben und Prospekten zu machen. Insbesondere ist auch die gezielte Bewerbung von Sammelklagen zulässig (ZR 104, 2005, N.40). Als aufdringlich durfte die Bezeichnung als „Spezialist“ gewertet werden, nicht aufdringlich ist der Hinweis auf bevorzugte Rechtsgebiete und Schwerpunkte (BGE 125 I 425).

Aufdringlichkeitsverbot auf für Spielbanken
Das Spielbankengesetz (SBG) untersagt in Art. 33 ebenfalls die Werbung „in aufdringlicher Weise“. Was unter den Begriff "aufdringlich" fällt, ist auslegungsbedürftig und kann jeweils nur aufgrund einer konkreten Werbeidee beurteilt werden. Eine Gerichtspraxis dazu liegt nicht vor. Die Botschaft zum SBG nennt als Beispiel das marktschreierische Vorgaukeln von Gewinnmöglichkeiten ohne auf das Verlustrisiko hinzuweisen. Insbesondere auf den Jugendschutz (Zutritt erst ab 18 Jahren) ist Rücksicht zu nehmen. Wenn möglich sollte deshalb Werbung für Spielbanken nicht für Jugendliche zugänglich sein und schon gar nicht gezielt auf Jugendliche ausgerichtet sein. „Aufdinglich“ sind in vielen Fällen die aggressiven Verkaufsmethoden, welche nach Art. 3 lit. h UWG ohnehin unlauter sind. Das „Anbaggern“ auf Strassen und Messen kann als „aufdringlich“ gewertet werden. Es sollen sozial schädliche Auswirkungen des Spielbetriebes nach Möglichkeit verhindert werden. Ein vollständiges Werbeverbot würde aber die Werbefreiheit als Teil der Wirtschaftsfreiheit verletzen.

Wirtschaftsfreiheit vs. Sozialschädlichkeit
Die Botschaft zum Spielbanken-Gesetz hält zur Werbebeschränkung für Spielbanken Folgendes fest: "Trotz der Abgrenzungsprobleme, die damit verbunden sein werden, verbietet das Gesetz die aufdringliche Werbung für das gewerbsmässige Angebot von Glücksspielen. Als nicht aufdringlich wäre wohl ein Prospekt zu werten, der zum Besuch einer Spielbank einlädt und gute Unterhaltung in gepflegter Atmosphäre verspricht. Aufdringlich wäre dagegen eine Werbung, die in marktschreierischer Weise Gewinnmöglichkeiten vorgaukelt und ihnen das Verlustrisiko nicht gegenüberstellt. Ein vollständiges Werbeverbot würde die Konkurrenzfähigkeit schweizerischer Spielbanken namentlich gegenüber den grenznahen ausländischen Spielbanken zum vornherein beeinträchtigen. Andererseits verträgt sich die Zulassung aufdringlicher Werbung nicht mit den Bestrebungen des Gesetzes, sozial schädliche Folgen des Spielens nach Möglichkeit zu verhüten“.

Die Eidgenössische Kommission für Spielbanken (EKSB) musste bisher noch nie eingreifen, wohl auch deshalb, weil die EKSB über Werbeaktionen meist vorgängig informiert wird. Solche Vorzensur-Kulturen sind in anderen Branchen nicht üblich – mit dem Nachteil, dass eine grosse Rechtsunsicherheit grassiert.

Direktmarketing kann aufdringlich sein
Persönlich adressierte Mailings können agressiv sein, die unpersönliche Werbung weniger. Persönlich adressierte Briefkastenwerbung (oder auch Email-Werbung) unterliegt Art. 3 lit. h UWG, dem Tatbestand der aggressiven Verkaufsmethode. Die Sanktionierung aggressiver aber nicht personalisierter Werbung erfolgt über die Generalklausel in Art. 2 UWG (Carl Baudenbacher, Art. 3 lit. h N 27 f.). Dazu Baudenbacher in Note 50: "Unproblematisch und lauterkeitsrechtlich unbedenklich ist die Werbung durch unpersönliche Werbesendungen wie Handzettel, Prospekte, Kataloge etc.. Solche Werbung ist leicht erkennbar und auszusortieren, ohne dass der Adressat von ihrem Inhalt im Einzelnen erst Kenntnis nehmen muss. Im Übrigen befindet sich der Briefkasten nicht in der Individualsphäre des Adressaten und wird durch Inanspruchnahme im Regelfall nicht funktionsunfähig. Schliesslich kann der Adressat sich gegen die Belästigung durch Werbemüll durch die Anbringung eines entsprechenden Stickers schützen.“

Vorsicht mit Gewinnspielen
Gewinnspiele unterstehen dem Lotterierecht (Lotterieverbot), wenn sie alle vier Lotterie-Merkmale erfüllen: Einsatz, vermögenswerter Gewinn, Zufall und Planmässigkeit (Beschränkung des Spielrisikos des Veranstalters). Zulässige Gewinnspiele wären aber auch in der Werbung von Anwälten und anderen ehrenhaften Standesberufen erlaubt. „Aufdringlich“ wird die Werbung erst dann, wenn sie im konkreten Fall „Missbrauchs-Elemente“ aus dem Lauterkeitsrecht aufweist: Wenn sie irreführend ist, täuschend, Selbstverständlichkeiten als Qualitätsmerkmale ausgibt, unlautere Vergleiche anstellt oder unlautere Methoden anwendet. Darunter fällt auch die Beschaffung oder Verwertung von Personendaten (Adresskarteien) aus Vereinen, Service-Clubs und Kirchen. Und selbstverständlich müssen auch die akademischen Berufstände die andern Schrankenbereiche, insbesondere den Persönlichkeitschutz und das geistige Eigentum Dritter beachten.

 

Art. 33 Werbung: Eine Spielbank darf nicht in aufdringlicher Weise Werbung betreiben.
In der Spielbankenverordnung (VSBG) wird zudem in Art. 81 ein wichtiger Aspekt der vorliegenden Anfrage behandelt (zu beachten von Ihrer Klientschaft). Werden zu Werbezwecken Spielmarken gratis abgegeben oder durch andere Mittel die unentgeltliche Teilnahme an Glücksspielen ermöglicht, so hat die Spielbank der Kommission ein Verfahren zur Aussonderung dieser Einsätze vom Bruttospielertrag zur Genehmigung einzureichen (Abs.1 ). Die Gratisabgabe von Spielmarken oder das Ermöglichen der unentgeltlichen Teilnahme an Glücksspielen darf nicht mit der Leistung eines Eintrittspreises verbunden werden (Abs. 2). Die Pflicht betrifft zwar die Spielbank selber, ist aber gekoppelt mit Ihrer Idee mittels Rubbel-Gewinnspiel einen gewissen Geldbetrag für einen "Spiel-Aufenthalt" im Casino zu vergeben.

 

von Dr. iur. Bruno Glaus


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